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Leserfrage: Enkel will Omas Rendite optimieren

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Leser P. schreibt

Meine Oma bekommt 1.200 € Rente im Monat und hat dazu noch zwei Rentenfonds, aus denen sie im Jahr 6.000 € entspart (500 € monatlich). Jetzt habe ich bei dir gehört/gelesen, dass Rentenfonds eigentlich Mist sind.

Bei den Fonds meiner Oma handelt es sich um:

  1. Deka OptiRent 1+y CF (57.000 €)
  2. Deka OptiRent 3y CF (81.000 €)

Beide Fonds wurden vor 2008 abgeschlossen. Der Fonds Nr. 1 hat 2015 -8,84 € "erbracht" und Nr. 2 gerade einmal 155 €.
Dabei weiß ich nicht mal, ob da die Kosten schon abgezogen sind. Viel ist das wahrlich nicht, wenn man damit seine Rente aufbessern will.

Ich denke, dass es für meine Oma nicht sinnvoll ist, mit 88 Jahren in ETFs zu investieren, wie ich das tue. Sie braucht das Geld ja jetzt verfügbar, aber wäre es nicht besser, ein Teil des Geldes auf Festgeld/Tagesgeld zu packen, da man da ja immerhin noch 1 – 2 % bekommt?

Was würdest du in ihrer Situation tun?

Der Finanzwesir antwortet

Was ich tun würde? Nichts!

Die Oma hat 138.000 Euro auf der hohen Kante, sie entnimmt jährlich 6.000 Euro. Das kann sie 23 Jahre wiederholen. Dann ist sie 111 oder tot.

Mit anderen Worten: Es ist vollkommen wurscht, was sie tut. Die alte Dame hat genug Geld bis an ihr Lebensende. Die Eltern würden als Erben profitieren, denn eventuell erben sie etwas mehr, wenn P. sich mit seiner Renditeoptimierung durchsetzt.
Selbst wenn Ps. Oma Pflegestufe II erreicht und im Heim lebt, reicht das Geld noch lange. Ein Heimplatz kostet rund 3.000 Euro monatlich. 1.200 Euro kommen über die Rente, die Pflegeversicherung übernimmt aktuell 1.144 Euro. Bleibt eine Lücke von rund 660 Euro, die rund 17 Jahre (Oma ist dann 105) durch Entsparen gedeckt werden kann.

Deshalb würde ich eine 88jähringe damit nicht mehr behelligen. Sie hat ausgesorgt. Ob sie nun noch ein paar hundert Euro mehr oder weniger auf dem Konto hat, ist belanglos. Wozu die alte Dame verrückt machen. Die einzig relevante Botschaft: "Oma, alles im grünen Bereich!"

Rentenfonds sind Mist

Das habe ich so nie gesagt. Rentenfonds werfen aktuell weniger ab als Tages- oder Festgeld. Deshalb sollten alle, die deutlich weniger als 100.000 Euro im risikoarmen Teil ihres Weltportfolios haben, darüber nachdenken, ob nicht Tages- und Festgeld ein guter Ersatz für einen Rentenfonds ist. Dazu kommt, dass Tages- und Festgeld keine Kursschwankungen kennt.
In diesem Fall würde ich sagen: Die Rentenfonds sind sicherer als Tagesgeld. Bei diesen Summen würde ich mich nicht auf die Einlagensicherung verlassen. Mit einem Vermögen von knapp 140.000 Euro ist Oma eine Großkapitalistin, finanziell stark genug ist, um als Gläubigerin ihren Anteil zur Bankenrettung beizutragen. Nennt man neumodisch Bail-in und es gibt auch ein Gesetz, das Omas Beteiligung regelt. Alles weitere in diesem BaFin-Artikel zur Bankenabwicklung.
Die Kurse der Rentenfonds werden im Falle einer Krise auch abstürzen, sind aber vor Enteignung als Sondervermögen geschützt.
Ein weiterer Vorteil der Rentenfonds ist die Diversifikation: Sie investieren in viele Anleihen. Das Tagesgeldkonto ist dagegen ein Klumpenrisiko.
Die laufenden Kosten von 0,12% beim Deka OptiRent 1+y und von 0,31% beim Deka OptiRent 3y sind jetzt nicht superbillig, aber soweit ok.
Die Ausgabeaufschläge sind versunkene Kosten, die brauchen wir nicht zu bejammern.
Egal ob jung oder alt: Sobald sich der RK1-Anteil des Weltportfolios der 100.000 €-Grenze nähert werden Rentenfonds interessant.

Exkurs Tagesgeld

P. schreibt:

"…ein Teil des Geldes auf Festgeld/Tagesgeld zu packen, da man da ja immerhin noch 1 – 2 % bekommt?"

Ja, aber bei maltesischen, zypriotischen oder bulgarischen Banken auf einem der Internet-Zinsportale. Oma in so ein Investment zu treiben, wäre der Gipfel an Unseriosität. Seriöse Banken mit westeuropäischer Einlagensicherung bieten aktuell 0,5% bis 0,7% für Tagesgeld. Bei Festgeld etwas über 1%.

Was tun?

  1. Kein Umschichten in einen Anleihen-ETF. Da sieht es grundsätzlich genauso aus: Vielleicht etwas geringere Kosten, dafür aber auch kaum Rendite. Dazu die Transaktionskosten.
  2. Kein Umschichten in Tages- oder Festgeld. Das Mehr an Rendite ist den Aufwand nicht wert.
  3. Was operativ sinnvoll sein könnte: Am Jahresanfang für 6.000 Euro verkaufen und das Geld dann auf dem Tagesgeldkonto bunkern. Renditemäßig verliert P.s Oma nichts. Es müsste aber geklärt werden, wie die Transaktionskosten in diesem Fall sind. Was kostet es zwölf mal 500 Euro zu verkaufen versus einmal 6.000 Euro?

Exkurs zum Satz "Das Mehr an Rendite ist den Aufwand nicht wert."

Die aktuellen Renditen im Zeitraum vom 13.9.2015 bis 13.9.2016 sehen wie folgt aus:

  1. Deka OptiRent 1+y CF: 0,21%
  2. Deka OptiRent 3y CF: 0,02%

Daraus ergibt sich eine gewichtete Gesamtrendite von 0,1%. Nehmen wir an, P.s Oma bekommt Festgeld zu 1,1%. Dann beträgt das Zinsdelta 1%. Das bedeutet: Sie verzichtet auf 1.380 Euro an Zinsen - also knapp drei Monatsentnahmen - und kann so den Entnahmezeitraum um knapp 25% verlängern.

  1. Normales Leben: Statt 23 Jahre nun knapp 29 Jahre Entnahmezeit, Oma wird 117
  2. Leben in Pflegestufe II: Statt 17 Jahre nun 21 Jahre Entnahmezeit, Oma wird 109

Das war jetzt eine Abschätzung nach oben. Wenn nicht das ganze Vermögen in Tages- und Festgeld umgewandelt wird, halbiert oder drittelt sich der Betrag. Wenn das Zinsdelta nicht 1%, sondern nur 0,5% beträgt, halbiert sich der Betrag noch einmal. In der Praxis sind wir dann schnell runter auf ein paar Hundert Euro pro Jahr.
Das lohnt den Aufwand meiner Meinung nach nicht.

Fazit

Gratulation an P.s Oma. Sie wird ihrer Familie nie zur Last fallen und hat bis an ihr Lebensende keine Geldsorgen. Finanziell hat sie die letzten 88 Jahre alles richtig gemacht.
Mit 88 geht es nicht um Rendite, sondern um Erhalt und Liquidität. Dafür hat die alte Dame gesorgt.


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