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Dividendenstrategie unkonventionell umgesetzt

Dividendenstrategie? So ein Quatsch! Das ist doch nur rechte Tasche, linke Tasche. Die gesamte Rendite einer Aktie setzt sich der Kursrendite und der Dividendenrendite zusammen.

Am 1. Januar kostet eine Aktie 100 €. Am 31.12. sagt die Depotverwaltung: 6% Gesamtrendite vor Steuern und Transaktionskosten. Was bedeutet das?

  • Entweder: Keine Ausschüttungen, aber die Aktie kostet jetzt 106 €.
  • Oder: Die Aktie kostet immer noch 100 €. Aber es gab 6 € Dividende.
  • Oder: Die Aktie kostet 103 € und es gab 3 € Dividende.

Jede Dividendenausschüttung führt zu einem Kursrückgang in Höhe der Dividende. Nehmen wir an, unsere Aktie würde an der Börse zu 106 € gehandelt. Jetzt kommt der Tag der Hauptversammlung und der Vorstand schlägt eine Dividende von 3 € pro Aktie vor, die von den Aktionären gebilligt wird.
Am Tag der Ausschüttung sinkt der Kurs der Aktie auf 103 €.
Ob vor oder nach der Hauptversammlung: Ich als Aktionär besitze 106 €. Ein Nullsummenspiel.

Weitere Nachteile der Dividendenstrategie

  • Keine besonders gute Diversifikation. Ein Dividendenanleger hat vielleicht ein, zwei Dutzend Werte im Depot, nicht aber den ganzen Markt wie beim MSCI World.
  • Dividendenstrategien sind ein Modeartikel. Wenn Trendaktien in zittrige Hände gelangen, dann verdirbt das erst die Dividendenrendite und dann im Crash den Kurs.
  • Der Aktienmarkt wird von vielen schlauen Typen bevölkert. Einfach dividendenstarke Aktien kaufen und dann liegenlassen - diese Idee hatten schon ein paar Leute vor Ihnen. Die fetten Ausschüttungen des Dividendenadels müssen - laut Markteffizienzhypothese - bereits eingepreist sein.

Die Dividendenstrategie ist eine Sektorenwette und ein Renditenullsummenspiel. Mal schlagen Dividendenwerte den breiten Index, mal hinken sie hinterher. Also: Zu minimalen Kosten breit in den Markt und gut ist.

Oder auch nicht.

Auf der Invest in Stuttgart habe ich Luis Pazos kennengelernt. Er ist der Autor des Buchs "Bargeld statt Buchgewinn". Sein Anliegen: Mit Hochdividendeneinkommen zum passiven Monatseinkommen.
Luis legt in seinem Buch auf gut 300 Seiten dar, warum es vielleicht doch nicht so dumm ist, sich als "Income Investor" zu positionieren. Er verlässt die üblichen Börsentrampfelpfade der 30 besten Dividenden-Aristokraten und geht in Übersee auf Großwildjagd.
Die Objekte der Begierde: MLPs, REITs, YieldCos und andere Wertpapierkonstrukte des angelsächsischen Markts. Nichts Unseriöses. Das meiste ist sogar stinklangweilig. Pipelinebetreiber, Rohstoffausbeuter, Energieproduzenten, Immo-Heinis. Kein Neuland, sondern Old-Economy, Infrastruktur und oft steuerlich privilegiert und reguliert.
Zielgruppe ist der angelsächsische Pensionär - der anders als der deutsche Rentner, dessen Rente sicher ist - selbst sehen muss wo er bleibt und deshalb Wert auf regelmäßige und planbare Ausschüttungen legt.

Luis sieht das Thema Börse so:

"Grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche Ausrichtungen bei der Wertpapieranlage (die Liquiditätshaltung außen vor gelassen). Dies ist zum einen die zeit- und risikogewichtete Vermögensoptimierung, die vermutlich über 90 Prozent der Investoren praktizieren.
Zum anderen ist dies die laufenden und kontinuierliche Einkommensoptimierung. Im ersten Fall steht der Vermögensendwert im Fokus, im zweiten Fall das Jahreseinkommen. Im ersten Fall ist ein Kommer-Portfolio ein effizienter Lösungsansatz (Hinweis: Ich bin "Fan" seiner Bücher zu Börse und Immobilien), im zweiten Fall muss ein alternativer Ansatz her.
Hier habe ich für mich die Hochdividendenwerte entdeckt und in den letzten 15 Jahren in eine Strategie gegossen.

Seine fünf Argumente für den alternativen Ansatz sind:

Erstens

Wer eine Immobilie kauft, um damit Geld zu verdienen erwartet regelmäßige Mietzahlungen. Kein Investor wird sich mit "Kurssteigerungen" abspeisen lassen: "In 10 Jahren kannst Du das Haus für das Dreifache verkaufen".
Wer in eine GmbH oder eine andere nicht an der Börse notierte Firma investiert erwartet auch jährliche Ausschüttungen. Nur Risikokapitalisten geben sich mit einem Exit zufrieden. Aber die versenken auch 8 von 10 Firmen. Warum soll sich das ändern, nur weil der Wert einer Firma sekündlich festgestellt werden kann?
Der Aktionär ist Mitbesitzer und sollte nicht schlechter behandelt werden als ein Immobilienbesitzer oder der Teilhaber einer GmbH.

Zweitens

Die Dividende ist weg und kann vom Vorstand nicht mehr verjuxt werden. Wir erinnern uns an Daimler. Was die nicht alles werden wollten und nun schrauben sie doch nur Autos zusammen. Es wäre besser gewesen, man hätte die ganze Großmannssucht von Reuter und Schrempp an die Aktionäre ausgeschüttet. Hohe Ausschüttungen sorgen für ein frugales Management.

Drittens

"Talk is cheap". Wilde Versprechungen machen kann jeder - regelmäßige und konstante Barausschüttungen sind der Lackmustest, ob der Laden läuft oder nicht.

Viertens

Ausschüttungen schwanken weit weniger als Kurse.

Fünftens

Die Position: "Eine unternehmerische Beteiligung geht man ein, weil man sich laufende Einkünfte erhofft" ist der historische Normalzustand. Schon in den mittelalterlichen Klöstern war das so.

Luis’ Kaufen&Kassieren-Strategie kombiniert zwei Ansätze

  1. Er legt sein Geld in besonders ausschüttungsstarke Werte an.
  2. Solange das Wertpapier den Fünf-Punkte-Check besteht darf es im Depot bleiben.

Der Fünf-Punkte-Check

  1. Die Ausschüttungsrendite beträgt mindestens 5% zuzüglich Inflationsrate.
  2. Die Dividende wird erwirtschaftet und kommt nicht aus der Substanz.
  3. Die Ausschüttungsfrequenz (Quartals- oder sogar Monatsdividende) wird eingehalten.
  4. Die Firma weist solide Finanzen auf. Der Verschuldungsgrad darf nicht zu hoch sein.
  5. Das Wertpapier muss an einer seriösen Börse zu vernünftigen Kosten liquide handelbar sein.

Was mir besonders gefällt: Luis beschränkt sich nicht auf die üblichen 5 Dividenden-Aktien (ej Alder, musst krass Nestle kaufen), sondern schaut, was die Börsen sonst noch so zu bieten haben. Er beschäftigt sich mit

  1. Business Development Companies
  2. Master Limited Partnerships
  3. Income Trusts
  4. Real Estate Investment Trusts
  5. Royality Trusts
  6. Preferred Shares
  7. Convertible Bonds
  8. Schifffahrtsgesellschaften
  9. YieldCos
  10. Unter "Sonstige" handelt er Stapled Securities, Listed Investment Companies und Listed Investment Trusts, Split Corporations und Split Trusts sowie American Depositary Receipts
  11. Aktien, Fonds, ETFs & Anleihen werden ebenfalls abgehandelt.

Es ist erstaunlich, was im angelsächsischen Raum (USA, Kanada, Australien) so alles angeboten wird. Aber eigentlich auch kein Wunder, dort herrscht eine ganz andere Börsenkultur als bei uns.
Selbst wenn Sie nach der Lektüre des Buch entscheiden: Nichts für mich, dann haben Sie trotzdem eine Menge gelernt. Da ist wirklich eine Menge cooles Zeug dabei.

Meine Meinung

Luis "Cäsh in de Täsch"-Argumentation scheint mir logisch und vernünftig. Außerdem ist es mal etwas anderes als 70/30 und trotzdem Buy&Hold.
Gerade für die vielen Leser, die mich immer fragen: "Wie mache ich das mit dem Entsparen?", ist diese Strategie interessant: Denn die Antwort lautet: "Gar nicht". Sie müssen die Gans nicht teilschlachten, sondern nehmen sich nur so viele goldene Eier aus dem Nest, wie sie brauchen.

Mich als in der Wolle gefärbten Passivisten schreckt natürlich der operative Aufwand und der Steuerkram. Deshalb habe ich Luis einige Fragen gestellt.

Seit wann investierst Du in Hochdividendenwerte?

Börsenerfahrung habe ich seit 1994, in Hochdividendenwerte investiere ich seit 2002. Dabei bin ich in der Tat erstens sehr breit diversifiziert (über Instrumente, Länder, Regionen, Branchen und Währungen) und zweitens äußerst passiv unterwegs. Seitdem mein Zielportfolio - nach einigen Irrungen und Wirrungen - aufgebaut ist tätige ich keinerlei Verkäufe, außer ein Wertpapier senkt die Dividende unter die von mir definierte Zielgröße (das war z. B. vor einigen Jahren bei einem kanadischen Energieproduzenten der Fall, als ein institutioneller Ankerinvestor eingestiegen ist). Die letzten 2,5 Jahre habe ich keinen Handel getrieben (Zukäufe habe ich ausschließlich zum Nulltarif über Wiederanlagepläne der jeweiligen Gesellschaften realisiert).

Mit welcher Ausschüttungsrendite kann ich rechnen?

Diese beträgt derzeit nach Quellen- und Abgeltungssteuer 7,1 Prozent bezogen auf den aktuellen Kurs. Da ich gerade mit fast allen Positionen im Plus stehe ist die Rendite bezogen auf das investierte Kapital höher. Das Portfolio umfasst dabei schwankungsarme Anlagen wir beispielsweise Stromleitungsbetreiber und schwankungsstärkere wie eine Schifffahrtsgesellschaft. Aber wie gesagt: Entscheidend ist das monatliche Einkommen, nicht der jeweilige Wertpapierkurs.

Geht Buy-and-Hold oder muss ich dauernd umschichten?

Buy-and-hold ist möglich beziehungsweise wird von mir sogar angestrebt, wäre ja sonst schade um die verpassten Ausschüttungen (im Buch nenne ich den Ansatz daher Buy-and-take).
Rein empirisch betrachtet finden Umschichtungen selten statt, allerdings vermutlich häufiger als bei passiven ETF-Anlegern. Auf der anderen Seite können für das Rebalancing die Ausschüttungen genutzt werden, d. h. es ist möglich, die Struktur allein durch Käufe wiederherzustellen (ohne Verkäufe tätigen zu müssen).

Viele Firmen stützen sich auf Monopole und Lizenzen. Was passiert, wenn der Staat ihnen diese Privilegien entzieht?

Was die Monopole und Lizenzen angeht: Ja, bestimmte Vorteile einiger (aber keineswegs aller) Hochdividendenwerte resultieren aus rechtlichen Privilegien, die durchaus kassiert werden können (siehe beispielsweise das Kapitel Income Trusts) oder eben auslaufen.
Das gilt aber auch für "normale" Aktien, siehe beispielsweise die deutschen Energieversorger. Aber auch McDonalds lebt von der Verwertung von Lizenzen, Pharmafirmen von Patenten, die Windparkbetreiber von Quersubventionen und auch die Ölfelder von RoyalDutch sind irgendwann leer. Selbst Geschäftsmodelle, die über 1.400 Jahr halten, können untergehen.

Die Lösung hierfür lautet (analog zur Vermögensoptimierung): Diversifikation der Einkommensquellen. Das ist erfreulicherweise sehr einfach möglich, da alle Hochdividendenwerte entweder selbst ein Portfolio verwalten (zum Beipiel die Business Developement Company oder der Listed Investment Trust) oder aber es existieren Fonds oder sogar ETFs für das jeweilige Instrument. Tatsächlich ist es sogar möglich, ein breites Hochdividendenportfolio allein mit ETFs abzubilden (für diejenigen, die es ganz passiv mögen). Beispiel: Mit dem Alerian MLP ETF können Anleger breit in milliardenschwere Master Limited Partnerships (Energieinfrastruktur) investieren und aktuell über 9 Prozent Ausschüttungsrendite p. a. erzielen.

Ich selbst bevorzuge eine Mischung auf Einzeltiteln, Fonds und ETFs. Fonds haben bisweilen den Vorteil, dass mangels Market-Maker ihr innerer Wert schon mal 10 bis 20 Prozent oberhalb des Börsenkurses notieren kann. Dies wirkt wie ein Hebel auf die realisierbare Dividendenrendite (das habe ich in Kapitel 16 des Buchs ausführlich beschrieben).

Wie hoch ist der Aufwand alles steuerlich zu deklarieren?

Bleibt das ungeliebte Thema Steuern: Ja, das ist "nerviger" als für den ETF-Anleger. Wer allerdings langfristig in ein Hochdividendenportfolio investieren möchte hat den größten Aufwand nur einmal (Excel-Vorlage erstellen) und muss danach pro Jahr etwa ein bis zwei Stunden für Datenerfassung und -übertrag aufwenden. Nötig sind je Wertpapier folgende Angaben: Dividenden (in Euro), einbehaltene Quellensteuer (in Euro) sowie der Betrag, der davon auf die Abgeltungssteuer anrechenbar ist (in der Regel alles). Der Quellensteuersatz liegt bezogen auf die Gesamtausschüttung fast immer bei 15 Prozent.

Ein Vorteil: Durch die Rechtskonstruktion mancher Wertpapiere kann die Gesamtsteuerlast auf unter 25 Prozent gedrückt werden, da nicht alle Ausschüttungen als steuerbares Einkommen gelten (darauf gehe ich ebenfalls im Buch ein). Fazit: Gerade zu Anfang ist das Thema nicht ganz trivial, aber auch nicht übermäßig kompliziert und wenn man sich ein wenig reinfuchst kann man sogar die Steuerlast im Vergleich zu Standarddividenden drücken. Den Punkt Steuern habe ich bei mir im Blog thematisiert. Dort können Deine Leser auch mein Excel-Sheet herunterladen.
Um die Inhalte plastischer vermitteln zu können habe ich exemplarisch auf zwei unterschiedliche Wertpapiere zurückgegriffen, deren Erträge in 2016 ich mit meiner letzten Steuererklärung deklariert habe. Das gesamte Procedere orientiert sich dabei an einer Excel-Tabelle, die ich seit jeher für genau diesen Zweck nutze und zusammen mit den im Beitrag aufgeführten Anlagen anstandslos vom Finanzamt akzeptiert wurde. [Die Tabelle kann inklusive der Originaleinträge zu den beiden besagten Wertpapieren am Ende des Beitrags gratis heruntergeladen werden](https://nurbaresistwahres.de/steuern-einkuenfte-aus-hochdividendenwerten/ ).

Wie lange dauert der Recherche- und Bewertungsprozess?

Die Antwort auf die Frage muss im Grund genommen zweigeteilt werden. Der erste Teil umfasst die Grundrecherche zum Thema, den unterschiedlichen Instrumenten, die Erstellung von Listen und Gruppen potenziell interessanter Investitionen. Parallel zum Erwerb dieses Basiswissens kann die persönliche Strategie entwickelt werden. Zu deren Umsetzung sind dann natürlich Einzelbewertungen unabdingbar, also ob beziehungsweise wie sich konkrete Wertpapiere in den Handlungsansatz einbinden lassen. Bis hierhin ist sicherlich einiges an Arbeitseinsatz erforderlich, was aber letztendlich für jeden Investitionsansatz gilt.

Dafür wird es richtig "passiv", sobald die angestrebte Zielstruktur des Portfolios erreicht ist. Bei mir war das vor einigen Jahren der Fall. Neuerwerbungen tätige ich seither nur in seltenen Fällen, nämlich dann, wenn der Hochdividendenwert bestimmte Ausgangsvoraussetzungen (siehe weiter unten) nicht mehr erfüllt, d. h. ich ihn zum Zeitpunkt der Betrachtung auch nicht mehr kaufen würde.
Diese Analyse führe ich zusammen mit einer etwaigen Rebalancierung zweimal im Jahr durch (Mitte Januar und Mitte Juli, an den Geburtstagen meiner Kinder), wobei sich die Rebalancierung meist auf die Reinvestition der zwischenzeitig aufgelaufenen liquiden Mittel beschränkt. Teilverkäufe führe ich nur aus, wenn Wertpapiere ihren relativen Anteil am ursprünglich naiv diversifizierten Depot verdoppelt haben. Reinvestitionen tätige ich übrigens sukzessive in die jeweils kleinste Position.

Übrigens: Sofern die Gesellschaft einen "dividend reinvestment plan" (DRIP) anbietet (was etwa bei der Hälfte meiner Beteiligungen der Fall ist) nehme ich das Angebot wahr. Hierbei wird die Ausschüttung spesenfrei in weitere Anteile derselben wiederangelegt (gegebenenfalls nach Abzug der Quellensteuer).

Fazit: Sobald die Zielstruktur einmal erreicht ist, hält sich der Recherche- und Bewertungsaufwand sehr in Grenzen. Das gilt natürlich nur, wenn man den Wunsch nach einer permanenten und teuren Optimierung erfolgreich unterdrücken kann, das heißt "Frieden" mit seinem Portfolio geschlossen hat. Daher habe ich mich auch für besagte naive Struktur oder 1/N-Regel entschieden und recherchiere auch nicht weiter nach neuen beziehungsweise "besseren" Wertpapieren (außer eben ich muss einen Austausch vornehmen). Hier gilt: Nur das Einfache hat Erfolg!

Zur Bewertung von Hochdividendenwerten, egal ob Einzeltitel oder Sammelanlagen (börsennotierte Fonds), habe ich mir eine Checkliste angelegt, die fünf Punkte umfasst: Ausschüttungsrendite, Ausschüttungspolitik, Ausschüttungsfrequenz, Bilanzkennzahlen, Handelbarkeit.
Jeder einzelne erfordert natürlich einen gewissen Rechercheaufwand. Neben den Finanz- ist es meines Erachtens auch zwingend erforderlich die Bilanzkennzahlen zu ermitteln. Auch das gilt aber nicht exklusiv für Hochdividendenwerte, sondern für jedes Wertpapier, in das ein Anleger investieren möchte. Hierzu muss dieser in der Lage sein, Quartals- und Jahresberichte – auch in englischer Sprache – mindestens in ihren Grundzügen zu verstehen.
Das erfordert in der Tat etwas Geduld, da nach und nach viele auf den ersten Blick interessante Wertpapiere durchs Raster fallen. Diese Bewertung ist natürlich nicht nur bei Neuerwerbungen vorzunehmen, sondern auch einmal im Jahr (ich mache das im Juli, da dann in der Regel der letzte Jahresabschluss vorliegt) für alle Altbestände.
Auch ETF-Anlegern empfehle ich dringend, die wichtigsten Passagen der Jahresberichte ihrer börsengehandelten Fonds zu lesen!

Praxistipp: Ich habe mir von Anfang an digitale Ordner für jede Gattung von Hochdividendenwerten angelegt. In diesen habe ich jeweils das Factsheet und den letzten Jahresbericht grundsätzlich infrage kommender Wertpapiere abgespeichert und dann innerhalb des Ordners in "positiv" und "negativ" selektiert. Somit kann ich heute auf eine breite Datenbasis zurückgreifen, die ich nur noch punktuell aktualisieren muss. Vorteil: Eine geplante Neuinvestition zu recherchieren und zu bewerten kostet mich nunmehr etwa 15 bis 30 Minuten Zeit.

Der Erwerb des Basiswissens und der Aufbau der Datenbank hat mich etwa drei bis vier Jahre gekostet, allerdings musste ich mir alle Informationen aus den unterschiedlichsten Quellen selber beschaffen – heute gibt es ein Großteil dieses Wissen konzentriert in meinem Buch ;-) Auch beim Thema Recherche und Bewertung greift also auf lange Sicht wie so oft das Paretoprinzip.

Wo sind Hochdividendenwerte zu finden?

Eine berechtigte Frage, die auch schon von den Lesern meines Blogs an mich herangetragen und auf diesem beantwortet wurde (der Link zum Beitrag findet sich weiter unten). In der Tat ist es so, dass zahlreiche Hochdividendenwerte nicht über klassische Portale zu finden sind.
Ein weiterer Nachteil für deutsche Anleger: Der Informationsmarkt zum Thema wird von englischsprachigen Angeboten absolut dominiert. Wer sich also für diese Börsensegment interessiert und hier selber ein wenig stöbern möchte sollte gegebenenfalls sein Schulenglisch aufpolieren – sonst wird das nichts.

Informationen zu den wichtigsten Informationsquellen habe ich übrigens aus genau diesem Grund in meinem Buch in Kapitel 18, hier unter dem Stichwort "Wertpapiere", aufgeführt. Natürlich existieren zahlreiche Nischen- und Fachportale, über die sich Anleger zu (fast) jeder Gattung von Hochdividendenwerten informieren können. An dieser Stelle möchte ich zumindest auf zwei breit angelegte Plattformen mit hoher Informationsdichte verweisen:

  1. DividendDetective
  2. DividendInvestor.com

Beide Portale eignen sich besonders als "Einstiegspunkte in das Labyrinth", da sie laufend mitunter sehr lange Informationslisten zu Wertpapieren pflegen. Die Listen selbst sind wiederum nach Hochdividendenkategorien geordnet, also beispielsweise nach BDCs, MLPs, Royalty Trusts etc. Ich selbst nutze beide Seiten auch heute noch als Informationsquelle, wenn ich mal wieder recherchiere beziehungsweise recherchieren muss.

Sowohl DividendDetective als auch DividendInvestor verfügen über einen Gratis- als auch einen kostenpflichtigen Premuimbereich. Obige Listen sind jeweils dem Gratisbereich zugeordnet, also frei zugänglich. Allerdings dürfen Anleger nicht viel mehr als den Namen, das Wertpapierkürzel und einige Basisinformationen erwarten. Dafür lassen sich diese Angaben sehr gut für weitere Recherchen nutzen.

Ergänzung: Beide Portale decken den kanadischen und vor allem US-amerikanischen Markt ab. Der dritte große und interessante Markt für Hochdividendenwerte ist Australien. Die beste Seite hierfür ist tatsächlich die der australischen Börse. Auf einer Unterseite sind verschiedene Wertpapierkategorien gelistet, unter denen sich zahlreiche Dividendenperlen befinden: http://www.asx.com.au/products/etf/managed-funds-etp-product-list.htm

Link zum Beitrag: Leserfragen: Informationsquellen und Depotbank

Assetallokation für Einsteiger

Wenn wir das Thema Assetallokation im Zusammenhang mit Hochdividenden betrachten, so müssen wir auch in diesem Fall eine Zweiteilung vornehmen. Der Grund hierfür ist schlicht, dass es – ähnlich einem reinen ETF-Anleger – einen Unterschied macht, ob ich bei Null beginne und mir ein Hochdividendenportfolio aufbauen oder ob ich ein bestimmtes Vermögen in ein solches transferieren möchte.
Betrachten wir zunächst den ersten Fall, die Assetallokation für Einsteiger. Ein Hinweis vorab: Hochdividendenwerte sind selbstverständlich dem risikobehafteten Teil des Vermögens zuzurechnen.
Im Folgenden werde ich auch nur diesen Ausschnitt betrachten. Ich gehe also davon aus, dass a) eine Liquiditätsreserve existiert und b) der risikoarme Teil des Vermögens in Tagesgeld, Eurostaatsanleihen oder Anderem veranlagt ist.

Wer mit dem Vermögensaufbau beginnen möchte, kann bei Hochdividendenwerten mittlerweile auch auf börsennotierte Fonds respektive ETFs zurückgreifen, die selbst wiederum in eine Vielzahl entsprechender Kategorien investieren.
Somit ist es möglich, einen Großteil des Hochdividenden-Universums über ein einziges Wertpapier abzubilden. Zwei Beispiele dazu habe ich in meinem Buch in Kapitel 17 vorgestellt (mittlerweile gibt es auch weitere). Mit genau solch einem Wertpapier sollte der Neuinvestor starten: Breite Streuung, niedrige Kosten, ordentliche Ausschüttungen und die Assetallokation übernimmt der Fonds.

Der große Nachteil: Mir ist kein Broker bekannt, der zu diesen Anlagen einen Sparplan anbietet. Somit können diese Wertpapiere nur als Einmalanlage erworben werden. Dies ist mit monatlich 50 Euro natürlich aufgrund der anfallenden Mindestspesen und -gebühren absolut unwirtschaftlich. Wie hoch müsste der Betrag sein, der pro Kauf aufzubringen wäre? Abhängig vom Broker liegt dieser meiner Erfahrung nach bei mindestens 3.000 Euro. In jedem Fall sollte sichergestellt werden, dass die gesamten Kaufkosten maximal ein Prozent des Handelsvolumens ausmachen.

Somit bleibt dem Anleger nichts anderes übrig, als diesen Betrag jeweils anzusparen, bevor er investiert werden kann. Wem das auf die klassische Weise zu ertragsschwach ist, kann natürlich auch über P2P-Kredite ansparen, das geht ja bereits ab 5 bis 10 Euro ;-)

Sofern das Hochdividendenportfolio beziehungsweise das hierfür zur Verfügung stehende Kapital weniger als 30.000 Euro umfasst, lohnt sich eine Ausdifferenzierung in verschiedene Kategorien, wie zum Beispiel BDCs, MLPs, REITs etc. ebenfalls aus Kostengründen nicht.
Hier sollte das Geld gleichmäßig auf zwei bis drei der dargestellten Fondslösungen (mit je unterschiedlichen Schwerpunkten) aufgeteilt beziehungsweise weiter angespart und einmal jährlich rebalanciert werden. Den Ansatz kann man selbstverständlich auch mit höheren Summen fahren, wenn es denn sehr bequem sein soll.

Assetallokation für Fortgeschrittene

Kommen wir zum zweiten Fall. Hier haben wir einen Anleger, dessen verfügbares Vermögen 30.000 Euro überschreitet und mit denen er sich ein Hochdividendenportfolio zusammenstellen möchte. Wenn dieser Anleger bei der Recherche so vorgegangen ist wie oben an meinem Beispiel beschrieben, hat er a) mehrere Kategorie und innerhalb dieser b) mehrere Investitionsmöglichkeiten sondiert.

So oder so muss sich der Anleger zunächst klar werden, welche Kategorie welchen Anteil am Depot ausmachen soll, anschließend muss er sich je Kategorie für konkrete Anlagen entscheiden. Hierbei plädiere ich für drei klare Prinzipien:

  1. 1/N-Regel
  2. Breite vor Tiefe
  3. Groß vor klein

Von Prinzip eins abgeleitet ist meine bereits weiter oben bevorzugte naive Diversifikation. Diese setzt genau hier an.
Also bitte keine komplexen und/oder dynamisch variierenden Berechnungen zur Anteilsbestimmung vornehmen, sondern das verfügbare Vermögen gleichmäßig auf die Einzelinvestitionen verteilen (alles andere ist "Scheinoptimierung"). Da jede Einzelinvestition mindestens 3.000 Euro umfassen sollte, kann ein Anleger mit 30.000 Euro 10 Einzelinvestitionen tätigen.
Prinzip zwei bedeutet, dass ich es vorziehe, in zwei verschiedene Instrumente (zum Beispiel eine BDC und eine MLP) zu investieren, als in zwei gleiche Instrumente (zum Beispiel zwei BDCs).
Prinzip drei besagt, dass ich zunächst in Gattungen mit eher hoher Marktkapitalisierung und dann erst in solche mit relativ niedriger Marktkapitalisierung investiere.

Wie sähe die Anwendung von Prinzip zwei und drei auf unseren Anleger aus, der 10 Einzelinvestitionen zu 3.000 Euro durchführen möchte? Nun, in "Bargeld statt Buchgewinn" wurden ihm schon einmal folgende 16 Gattungen oder Instrumente vorgestellt: BDCs, MLPs, Income Trusts, REITs, Royalty Trusts, Preferred Shares, Convertibles, Schifffahrtsgesellschaften, Yieldcos, Stapled Securities, LICs/LITs, Split Corporations/Trusts, ADR, (Dividenden-)Aktien, (Hochzins-)Anleihen, Covered-Call-Funds.

Da er maximal 10 Einzelinvestitionen tätigen kann, kann er auch maximal in 10 Instrumente investieren. Daher empfiehlt sich auch die Streuung über 10 unterschiedliche Instrumente, statt beispielsweise zwei Einzelinvestitionen in Royalty Trusts vorzunehmen.
Und welche 10 Instrumente sollte er gemäß Prinzip drei auswählen?
Diese hier: BDCs, MLPs, Income Trusts, REITs, Preferred Shares, Convertibles, Stapled Securities, (Dividenden-)Aktien, (Hochzins-)Anleihen, Covered-Call-Funds. Hier sind also die sechs "nischigsten" Instrumente (Royalty Trusts, Schifffahrtsgesellschaften, Yieldcos, LICs/LITs, Split Corporations/Trusts und ADR) weggefallen, aus den verbliebenen 10 Kategorien könnte der Anleger jetzt je ein Wertpapier erwerben.

Ein Hinweis dazu: Anleger können natürlich auch bestimmte Instrumente ausschließen. Wer beispielsweise aus Gründen persönlicher Abneigung keine Immobilien, Schiffe und Anleihen erwerben möchte, streicht REITs, Schifffahrtsgesellschaften und Hochzinsanleihen von der Liste; in diesem Fall würden 13 Instrumente verbleiben.

Was gilt es nun bei der Auswahl einzelner Wertpapiere zu beachten? Neben der obligatorischen Bewertung (siehe oben) müssen Anleger darauf achten, keine Klumpenrisiken einzugehen.
Was ist damit gemeint? Im Grunde genommen dasselbe wie bei der "normalen" Aktienanlage auch: Die Investitionen sollten möglichst wenig korrelieren. Hierzu ein Beispiel: Wenn ein Hochdividendeninvestor einen Royalty Trust erwirbt, der ein Ölfeld ausbeuten lässt, eine Schifffahrtsgesellschaft, die eine Öltankerflotte bewirtschaftet, eine MLP, die eine Raffinerie betreibt, den Preferred Share eines Drilling-Unternehmens und schließlich noch einen REIT, der sich auf texanische Büroimmobilien für Energierohstoffunternehmen spezialisiert hat, dann wir dieses Portfolio extrem den Preisschwankungen des Schwarzen Goldes ausgesetzt sein!
Besser wäre es, den Royalty Trust um Schifffahrtsgesellschaft zu ergänzen, die Schüttgüter transportiert, eine MLP, die eine Gaspipeline verwaltet, den Preferred Share eines Entsorgungsunternehmens und einen REIT, der Krankenhäuser bewirtschaftet.

Es ist also wichtig, sich mit den jeweiligen Inhalten zu beschäftigen, die unter dem Instrumentenlabel firmieren. Diese sind teilweise auf bestimmte Branchen oder Geschäftsbereiche fixiert (BDC: Mittelstand, MLPs: Energieinfrastruktur, REITs: Immobilien, Royalty Trusts: Öl und Gas, Schifffahrtsgesellschaften: Schiffe, Yieldcos: "Erneuerbare" Energien), teilweise auch nicht (alle anderen).
Das gleiche gilt bezüglich der Geographie: Bei einige Instrumenten sind die Investitionen rechtlich oder tatsächlich auf bestimmte Länder beschränkt, bei anderen nicht. Letztlich muss sich hier jeder Anleger seine bevorzugte Struktur schaffen.

Eine weitere Frage die in diesem Zusammenhang immer wieder gestellt wird: Einzelwerte oder Sammelanlagen? Ich selbst habe diese für mich eindeutig mit "Sammelanlage" (zumindest dort wo möglich und zweckmäßig) beantwortet.
Zur Begründung: Ich bin an Einkommen und Dividenden interessiert, Spekulation und Kursbewegungen interessieren mich nicht. Vor dem Hintergrund ist logischerweise ein Korb mit 10 MLPs, die jeweils 9 Prozent pro Jahr ausschütten einer einzelnen MLP mit derselben Ausschüttungsrendite vorzuziehen.
Mit Sammelanlagen verteile ich meine Einkommensquellen und schütze mich vor dem Einzelwertrisiko. Zudem kann ich es mir zunutze machen, wenn die Sammelanlage im Preis niedriger notiert als ihre Beteiligungen in Summe wert sind (was gar nicht so selten ist).
In Ausnahmefällen greife ich allerdings auch auf Einzelanlagen zurück, dann nämlich, wenn keine beziehungsweise keine meinen Wünschen genügende Sammelanlagen verfügbar sind (das ist zum Beispiel bei Income Trusts, Schifffahrtsgesellschaften, Yieldcos und Stapled Securities der Fall). Meine Vorgabe an mich selbst: Maximal 20 Prozent des Depots dürfen Einzelwerte sein.

Kommen wir zurück zu unserem Anleger, der seine 30.000 Euro über 10 Instrumente gestreut hat. Wie baut er sein Portfolio aus? Zunächst sollte er sich eine Zielstruktur setzen. Ich habe die Anzahl an Positionen für mich seinerzeit auf 20 gesetzt. Damit riskiert man gerade einmal 5 Prozent des Gesamtdepotvermögens pro Position und das Depot bleibt gut zu manövrieren.
10 Positionen sehe ich wie oben dargestellt als Minimum an. Bei 30 Positionen empfehle ich aus Gründen der Bequemlichkeit einen Deckel drauf zu machen, auch bei hohen Vermögen – ausreichend diversifiziert sollte ein Anleger damit allemal sein.

Bleiben wir bei meinem eigenen Beispiel mit 20 Positionen: Wie gehe ich ausgehend von 10 Positionen a 3.000 Euro weiter vor? Zunächst in die Breite, also bis zur Erreichung der 20 Positionen.
Hierzu muss ich natürlich spätestens ab der 17. Position Instrumente "doppeln". Das habe ich seinerzeit ebenfalls nach Prinzip drei ausgewählt: Von den eher "nischigen" Instrumenten halte ich jeweils eine, von den eher "großen" Instrumenten teilweise zwei bis drei Positionen – aber auch hier muss ein jeder seine Seelenfriede verschaffende Mischung finden.
Auch hier noch ein Hinweis: Teilweise kreuzen sich die Instrumente. Beispielsweise werden sich im Instrument "Dividendenaktien" mit Schwerpunkt Australien in einer Sammelanlage neben "normalen" Aktien auch zahlreiche REITs und Stapled Securities finden.
Wie man dieses Wertpapier jetzt klassifiziert, hängt auch von den persönlichen Vorlieben ab; wer es schön komplex gestalten möchte foltert Excel mit den Daten des letzten Jahresberichts. Ich selbst handhabe es einfach: Der Titel fällt für mich in die Kategorie "Dividendenaktien".
Ist die Zielstruktur, hier die mit den 20 Positionen, einmal erreicht, kann der Anleger dazu übergehen, die Positionen aufzustocken. Hierzu habe ich ja im zweiten Abschnitt mein Vorgehen erörtert.

Noch mal ich (der Finanzwesir)

Einen großen Dank an Luis, dass er sich die Mühe gemacht hat und meine Fragen so kompetent und und ausführlich beantwortet hat. Dieser Blogartikel ist sehr lang und sehr informativ - kann sich aber natürlich nicht mit einem ganzen Buch messen.
Deshalb meine Empfehlung: Wenn Sie sich ernsthaft ein Hochdividenden-Depot aufbauen wollen, dann kaufen Sie das Buch "Bargeld statt Buchgewinn - Mit Hochdividendenwerten zum passiven Monatseinkommen". Es wird Ihnen nützlich sein.

Das Buch

Bargeld statt Buchgewinn - Mit Hochdividendenwerten zum passiven Monatseinkommen* von Luis Pazos
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Bargeld statt Buchgewinn - Mit Hochdividendenwerten zum passiven Monatseinkommen


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