Leser F. schreibt
In deinem Buch empfiehlst du, dass die Kaufkostenquote bei ETFs nicht höher als 1% sein sollte. Nun habe ich einen Sparplan, der mich 1,5% Orderprovision kostet. Meine monatliche Sparrate beträgt 470 €, ich bespare zur Zeit fünf ETFs. Der Far east-ETF wird erst auf dem Verrechnungskonto angespart und dann in 1.000-Euro-Tranchen geordert. Der Sparplan besteht seit dem 01.03.2017, bis jetzt habe ich rund 3.700 Euro investiert.
Anteil | Index | Kaufsumme |
---|---|---|
37,5 % | World | 176,25 € |
25 % | Emerging Markets | 117,50 € |
16,5 % | Europe Small Cap | 77,55 € |
15 % | S&P Small Cap | 70,50 € |
6 % | Far east ex Japan Small Cap | 28,80 € |
Zur Person: Ich bin 28 Jahre alt und verfüge über eine unbefristete Arbeitsstelle. Mein Anlagehorizont beträgt mindestens 10 Jahre.
Ist es sinnvoll das momentane Depot zu verkaufen, den Wertpapiersparplan zu kündigen und stattdessen das Geld quartals- bzw.- halbjährlich in die von dir empfohlene billigste World/ EM-Kombi (TER 0,18%) zu investieren?
Meine Überlegung war: Zukünftig Kosten sparen, dafür aber auf die Small-Cap-Übergewichtung und die Sparplanfähigkeit verzichten. Ich bin ständig am hin und her überlegen und kann mich nicht recht entscheiden. Was würdest du mir empfehlen?
Der Finanzwesir sagt
Erst einmal Gratulation an Leser F. Die Rahmenbedingungen stimmen
- Jung
- Macht sich Gedanken über seine finanzielle Situation
- Einstieg in die Arbeitswelt ist geglückt (unbefristete Stelle)
- Das Gehalt erlaubt eine gute Sparrate
Mit anderen Worten: Das ganze Finanzwesir-Gemecker, das gleich kommt fällt unter die Kategorie Luxusproblem.
Meine Meinung zum Depot
Nicht schlecht, vom MSCI World bis Small Cap ist alles drin. Was ich mir allerdings zur Abrundung noch gewünscht hätte, wäre ein 2% Anteil auf den burmesischen Wasserbüffel-Index. Der würde dem Depot noch diesen gewissen grünen Touch geben.
Wovon ich abraten würde: Einfach naiv die Gewichtung aller 5 ETFs um je 0,4% zu reduzieren oder gar einfach die gesamten 2% vom World zu nehmen.
Ich denke ein progressives Vorgehen ist bei den Summen, die hier im Spiel sind durchaus angebracht. Die neue Gewichtung ergibt sich aus
alte Gewichtung - alte Gewichtung * 2% = neue Gewichtung
Für den MSCI World: 37,5 % - 37,5 % *2% = 36,75 %
- Vorteil 1: Praktisch keine glatte Gewichtung mehr im Depot. Zwei Nachkommastellen - das sieht gleich viel diversifizierter aus.
- Vorteil 2: F. kann seine seine Mad Excel Skillz voll ausleben - je mehr Blut, Schweiß und Tränen in einem Depot stecken, umso besser wird es.
Jetzt mal Ironie off
F. hat nur das Pech, das ich bei ihm die Geduld verloren habe. Vorher schrieben mir schon die Leser M. und G., die Leserin B. und noch etliche andere. Immer die gleiche Diagnose: Diversifikationsdelirium.
Excel wird mit faustischer Besessenheit gequält:
"Habe nun, ach! Den Kommer, den Finanzwesir
Und leider auch den ARD-Börsenbrennpunkt
Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.
Will diversifizieren, ich armer Tor,
Und bin so klug als wie zuvor!"
Und dann werden die Peanuts kleinstgeraspelt und monomolekular verstrichen, um das Exposure zu maximieren.
Die Fakten
- F. hat 8 Monate gespart, es geht um 3.700 €.
- Er verteilt 470 € auf 5 ETF.
- Er muss 35 Monate (3 Jahre = 36 Monate) sparen, um sich die erste 1.000 €-Tranche Far east ex Japan Small Cap ins Depot zu legen.
- Er ist vom Smart-Beta-Virus befallen. 37,5% verteilt auf drei SC-ETFs.
Die Masterregeln
-
Das Depotvolumen ist kleiner als 50.000 €? Dann werden maximal zwei ETFs bespart.
"Ein Vermögen von rund 50.000 EUR und weniger sollte aus Effizienz- und Kostengründen in nicht mehr als zwei ETFs angelegt werden"
Quelle Morningstar - Keine Depotposition unter 10%. Wenn sich eine 10%-Postion verdoppelt, also um 100% wächst, dann steigert sich das Gesamtvermögen um 10%. Wenn sich eine 5%-Position verdoppelt, dann steigt das Gesamtvermögen um 5%. Nur leider wächst eine Assetklasse nicht um 100%. In den letzten 10 Jahren waren die Schwellenländer nach dem Crash von 2009 mit einem 79%-Plus die absoluten Spitzenreiter. Das zweitbeste Plus hatten die Small Caps im Jahr 2013 mit plus 39,8%. Das bedeutet: F.s 6%-Position hätte sein Depot 2013 um 2,4% gepusht. Quelle
So viele ETFs kann ich mir leisten
monatliche Sparrate | Zahl der ETFs |
---|---|
unter 333 € | 1 |
333 € - 500 € | 2 |
500 €- 1.000 € | 3 |
ab 1.000 € | 4 |
Die Sparregeln
- Ab 2 ETF gilt: Keine ETF-Position unter 100 €. Bei 70/30 bedeutet das: Mindestens 100 € müssen in den MSCI EM. 70% World entsprechen 233 €, macht in Summe 333 € monatlich.
- Untergrenze bei 3 ETFs: 20% Europa entsprechen 100 €.
- Untergrenze bei 4 ETFs: 10% pazifisches Becken entsprechen 100 €.
Was sollt F. tun?
Das Koordinatensystem neu eichen
Knapp 500 € monatlich sind eine schöne Sparrate zu der ich von Herzen gratuliere. Aber die Kirche muss im Dorf bleiben: Letztlich sind das nur Peanuts, für die der Broker einen Mindermengenzuschlag verlangt.
Anteil | Index | Kaufsumme | 1,5% Gebühren |
---|---|---|---|
37,5 % | World | 176,25 € | 2,64 € |
25 % | Emerging Markets | 117,50 € | 1,76 € |
16,5 % | Europe Small Cap | 77,55 € | 1,16 € |
15 % | S&P Small Cap | 70,50 € | 1,06 € |
Der Broker kriegt 6,60 € für vier Käufe.
Schnell soll er sein, die Abrechnung muss stimmen und die die ganzen Steuertöpfe sollen auch korrekt befüllt werden. Und dann soll noch etwas übrig bleiben, schließlich wollen die Aktionäre eine Dividende.
Klar, alles läuft vollautomatisiert ab. Aber irgendjemand hat diese Systeme mal für viel Geld gebaut und für 2018 müssen da wieder etliche Balkönchen angeflanscht werden. Macht sich auch nicht von alleine.
Wertpapiere im Wert von 70 € für nur einen Euro ins Depot buchen? Vor 20 Jahren unvorstellbar. Trotz Mindermengenzuschlag: Wir sind schon sehr, sehr weit gegangen auf dem Limes "Kosten gegen Null".
Ballast über Bord werfen
F.s Depot ist ein reinrassiges Kommer-Depot (4. Auflage, S. 292). Auch wenn ich Herrn Kommer sehr schätze und die Assetallokation über jeden Zweifel erhaben ist (so wie jede Assetallokation, die breit und systematisch diversifiziert): Die Kommer-Allokation ist was für Depots ab 100.000 € und für Leute "die noch einen Schnaps mehr verdienen möchten" (so spricht der Meister).
F. und M. und G. und B. und alle, die mir eine ähnliche Mail geschrieben haben sollten folgendes tun:
- Den MSCI World und den EM behalten.
- Das SC-Rudel verkaufen. Dabei werden 1.400 € frei. Die Transaktionskosten liegen in der Größenordnung von 30 €.
- Das Geld wird dann via Sparplan in die Kombi World / EM oder ACWI (Vanguard) gesteckt. Die TER muss auch nicht die billigste sein. Hinreichend preiswert genügt. Apropos Sparplan: F. schreibt
"… dafür aber auf die Small-Cap-Übergewichtung und die Sparplanfähigkeit verzichten"
Pfeif auf die Small Caps, aber vergiß nie, niemals, never Dich zuerst zu bezahlen! Und zwar auch wenn die Kurse abstürzen. Sparplan rocks! Je weniger ETFs, umso mehr Freiheiten beim Sparplan (Wunsch-ETF, Wunsch-Broker, Wunsch-Konditionen).
2026 sehen wir uns dann wieder. In neun Jahren hat F. bei einer Sparrate von 470 € monatlich seine 50.000 € voll.
Und ewig lockt die Börse: Kauf Value, kauf Small Caps, kauf Momentum, mach mir den Wasserbüffel…
Statt diesen Sirengesängen zu verfallen, sollte F. sich lieber um sich selbst kümmern. Er ist hier das Top-Asset. Wenn seine Karriere richtig losgeht, sehen wir uns womöglich schon 2024 wieder oder gar 2023.
Fazit
- Egal ob Sie 28, 38 oder 48 sind: Verfallen Sie nicht dem Götzen Diversifikation! Mit dem Kauf eines All-World (Industrieländer & Schwellenländer) oder eines World (nur Industrieländer) sind Sie erst einmal ausreichend diversifiziert.
- Wenn Sie mit einem 15%-Nachbrenner Ihre Rendite pimpen wollen, dann verschieben Sie diese 15% nicht vom MSCI World in einen Small-Cap-ETF, sondern vom Tagesgeldkonto in einen World-ETF. 90% der Rendite machen Sie über die Master-Allokation risikoarm versus risikobehaftet.