Unheiliger Konsens in den Finanzblogs: 1,5% zahl ich nicht! Das ist Sparplanwucher.
Wirklich?
Sparplan-Konditionen
JustETF hat das im Sparplanvergleich gut aufbereitet.
- Onvista: Alles gratis
- Comdirect und Consors: 1,5%
- Ing-Diba: 1,75%
- flatex: 1,50 € plus ca. 0,2% zusätzliche Handelskosten, abhängig vom ETF
- DKB: 1,50 € flat
- maxblue: 2,5 €plus 0,4%
- 1822direkt: 2,95 €
ETF-Sparplanrate
- Mindestrate: Je nach Broker 25 € oder 50 € monatlich.
- Im Durchschnitt beträgt die monatliche ETF-Sparplanrate 147,30 €. Stand: August 2017, Quelle
Ausführungskosten für den Broker
Ich habe mich auf dem Finanzbarcamp der Comdirect mal ein bisschen umgehört. Die Ausführung einer Order kostet den Broker zwischen 80 Cent und einem Euro. Das sind die reinen Kosten. Da hat der Broker noch nichts verdient und keine Rückstellungen gemacht.
Nehmen wir als Hausnummer Kosten von 90 Cent pro Order an. Die Tabelle zeigt, welche Ordergröße kostendeckend ist.
Broker | kostendeckende Ordergröße |
---|---|
Onvista | nie |
Comdirect, Consors | 60 € |
Ing-Diba | 52 € |
flatex | immer profitabel |
DKB | immer profitabel |
maxblue | immer profitabel |
1822direkt | immer profitabel |
Na ja, um die Broker muss man sich keine Sorgen machen. Wenn die Gebühren nicht genug hergeben, verdienen sie halt anderweitig. Zum Beispiel an schlechten Kursen.
An großen Spreads verdient der Broker per se erst einmal nicht. Aber die einzelnen Börsenplätze konkurrieren um die Deals. Jeder will möglichst viele Transaktionen abwickeln. Da liegt es nahe dem Broker Kickbacks anzubieten, wenn er ein entsprechendes Routing aufsetzt. Dann schickt er Sie nicht zum liquidesten Marktplatz, sondern zu einer Preferred-Partner-Börse. Wenn dort Orks die Preise stellen… Ihr Pech!
Hoffen wir, dass der Artikel "Wie Banken beim Aktienhandel doppelt abkassieren" von 2015 mittlerweile überholt ist.
Die Kosten sind da. Der Broker muss sie irgendwie herein wirtschaften. Entweder offen und ehrlich indem er die Preise entsprechend ansetzt. Wenn das vom Publikum nicht honoriert wird, dann eben über "Hintenrum"-Deals oder Sternchentext im Preisverzeichnis.
In den Preisen ist nicht mehr viel Luft. Vor allem wenn man sich ansieht, wie teuer die Neukundengewinnung ist. Recht gut nachzuvollziehen ist die Neukundengewinnung über Affiliate-Links.
Ein Blogger empfiehlt das Comdirect-Depot. Dafür zahlt die Comdirect
- 60 € an den Blogger (Blogger, die sich richtig Mühe geben und busweise vermitteln bekommen 80 € pro Neukunde)
- 18 € an Affili.Net als Netzwerk (die zählen die Klicks, filtern den Betrug aus, verteilen das Geld an die Blogger und nehmen dafür 30% vom Blogger-Netto)
- x € an die betreuende Agentur (die Werbebanner designen sich nicht von alleine)
- x € an internen Verwaltungskosten für das eine oder andere Meeting mit den Agenturen und das Controlling
- x € für den Papierkram bis der neue Kunde tatsächlich im System ist und Umsatz macht
Es würde mich nicht wundern, wenn ein neuer Depotkunde die Bank gut 100 € kostet. Der legt dann einen Sparplan von monatlich 147,30 € an und meckert als erstes über die horrenden Kosten! Obwohl er noch mit einen Wechselbonus in dreistelliger Höhe verwöhnt wurde und sein Depot selbstverständlich kostenlos geführt wird.
Der Sparplan bringt der Bank monatlich 1,5% = 2,21 € ein. Davon gehen 90 Cent als Kosten ab, bleiben 1,31 € übrig. Nach 77 Monaten hat der werte Neukunde dann seine Akquisekosten abgestottert.
Nach 6 Jahren und 4 Monaten bringt der Bursche endlich was ein…
Selbst als pures, genormtes Massengeschäft: Wie rechnet sich das? Vor allem bei ETF-Sparplänen. Einen aktiven Aktienanleger kann man vielleicht noch zum Trading verführen. Aber einen drögen Sparplaner?
Wie schädlich sind 1,5%?
Was wäre, wenn Sie am 1. Mai 2003 mit einem Sparplan auf den S&P 500 von iShares (WKN 622391) angefangen hätten? Was hätten Sie heute (November 2017) im Depot, wenn Sie sich wie folgt entschieden hätten:
- Kostenfreier Sparplan: monatliche Sparrate: 1.000 €, Kaufkosten: 0 €
- 1,5%-Sparplan: monatliche Sparrate: 1.000 €, Sparplankosten 1,50%, macht pro Ausführung 15 €, jährliche Kaufkosten 180 €, Kostenquote: 1,5% (infam!)
- Monatlich wird "per Hand" für 1.000 € gekauft, Kaufkosten: rund 10 €, jährliche Kaufkosten 120 €, Kostenquote 1% (na ja)
- Alle zwei Monate wird "per Hand" für 2.000 € gekauft, Kaufkosten: rund 10 €, jährliche Kaufkosten: 60 €, Kostenquote 0,5% (menno, die Profis zahlen 0,05%)
Warum der S&P von iShares? Weil das der erste Brot&Butter-ETF war, den Google mir vor die Flinte getrieben hat (historische Kurse von boerse.de).
Ich brauche für meine Abschätzung nur einen breit diversifizierten ETF und eine hinreichend lange Zeitreihe mit den verschiedensten Börsenklimaten.
Das Ergebnis
Mai 2003 - November 2017: 175 Monate gespart, 175.000 Euro eingezahlt, eine große Finanzkrise überstanden.
Szenario | Endsumme | Delta absolut | Delta prozentual |
---|---|---|---|
Sparplan kostenfrei (Messlatte) | 406.320 € | 0 € | 0% |
Sparplan 1,5% | 400.225 € | - 6.095 € | - 1,50% |
manuell 1.000 € | 402.452 € | - 3.868 € | - 0,95% |
manuell 2.000 € | 407.023 € | 703 € | 0,17% |
Es ist vollkommen egal, ob Sie beim Sparplan auf Gratis geiern oder die Kosten manuell drücken wie weiland José Ignacio López de Arriortúa. Sie werden den entspannt serviceorientierten Anleger ("Hier Broker haste 1.000 €, mach mal") nicht signifikant schlagen.
Beim Sparplan kaufen Sie auch gebrochene Stücke. Beim Einzelkauf geht das nicht. Ich habe die Cash-Reste deshalb immer auf den nächsten Kaufmonat übertragen.
Wenn man das nicht macht, ist die Endsumme des 1000er-Plans praktisch identisch mit dem 1,5%-Sparplan. Da geht es dann nur noch um ein paar Hundert Euro. Der 2.000er-Plan verliert ebenfalls rund 1.000 € und liegt dann mit dem Gratissparplan gleichauf.
So wird es in der Praxis wohl auch aussehen. Ich habe in dieser Simulation jeden Monat eine Punktlandung hingelegt. In der Praxis werden die wenigsten ihren Cash-Bestand auf dem Verrechnungskonto wirklich bis auf 0,95 € herunterfahren.
Der 2000er-Plan profitiert von den stetig steigenden Kursen der letzten Jahre. In den letzten Jahren war es besser heute 2.000 € anzulegen und dann 60 Tage still zu halten, als heute 1.000 € und nächsten Monat noch einmal 1.000 € einzuzahlen.
Das Problem mit den manuellen Plänen
Sie haben keinen Puffer. Wenn Sie einmal aus dem Tritt kommen, ist es aus mit der Performance. Das hier darf nicht vorkommen:
- Gut drei Jahre nach dem Start, im im Frühjahr 2006 haben Sie die einmalige Möglichkeit eine Expeditionsreise in die Antarktis mitzumachen. Sie plündern ihr Konto und setzen dreimal mit der Sparrate aus, um das Geld zusammenzubekommen (keine Sparplanraten im Mai, Juni, Juli 2006). Aber für eine einmalige Chance kann man das doch mal machen! 1. Wie einmalig ist diese Chance wirklich? 2. Wenn ihr Broker das Geld am Monatsersten in ETFs umgesetzt hätte, wären Sie dann nicht trotzdem zu den Pinguinen gefahren, weil Sie Dinge auf Ebay verhökert hätten, noch doller gespart hätten oder Tante Erna um einen Vorschuss angebettelt hätten? Es geht immer mehr als man glaubt und das Aussetzen der Sparraten ist der Weg des geringsten Widerstandes.
- 2008 sind Sie 5 Jahre dabei und haben gut 60.000 € im Depot. Dann kommt die Subprime-Krise. Am Monatsersten zahlen Sie 1.000 € ein und haben trotzdem am Monatsende 1.000 € weniger im Depot. Das verkraften sie knapp. Sie verkaufen nicht. Aber bis Ende 2010 wollen Sie nichts von der Börse wissen. Von Mai 2008 und bis Ende Dezember 2010 keine Sparplanraten. Dann legen Sie wieder mit 1.000 € monatlich los.
Die Psycho-Perspektive
Wer ist denn so irre, einen 1,5%-Sparplan überhaupt in Betracht zu ziehen? Ich zum Beispiel.
Warum?
Weil ich groß denke. Ich habe noch eine Menge vor im Leben - und mit diesem Blog. Aber leider verfüge ich nur über eine sehr begrenzte Hirnkapazität.
"Willenskraft ist ein Muskel, der bei häufiger Benutzung ermüdet. Die nachlassende Fähigkeit, Handlungen, Emotionen und Gedanken zu regulieren, nennt man Ego-Depletion.
Diese Erschöpfung ist ein Resultat der Anzahl und Qualität der Entscheidungen, die wir jeden Tag treffen. Dabei geht es um tatsächlich alle Entscheidungen – und nicht nur um die für uns relevanten. Es geht darum, ob Sie einen Nachtisch bestellen, oder den Aufpreis für die schönen Alu-Felgen akzeptieren. Es geht um das Paar Schuhe, das zur noch nicht gekauften Handtasche passen soll und den eigenen Partner, der nun doch nicht so gut aussieht wie der Single-Nachbar.
Quelle
Deshalb muss ich auslagern was geht. Diese ganzen "Dauert-doch-nur-5-Minuten"-Vampire kosten viel zu viel Kraft.
Außerdem: Jemand, der wirklich die Willenskraft aufbringt ETFs aufzukaufen, wenn Blut auf den Straßen fließt, ist zu Höherem bestimmt. Löwenherz gründet sein eigenes Geschäft oder treibt seine Karriere energisch voran. Aber er verschwendet seine Zeit nicht mit 1,5%.
Fazit
Liebe Leut’ macht Euch klar: Ihr spielt in der Erdnuss-Liga. Alles unter 1.000.000 € sind Peanuts. Zumindest aus Sicht eines Vermögensverwalters.
Ein Profi (egal ob festangestellt oder freiberuflich) hat einen Tagessatz von 2.000 €. Bei einer Verwaltungsgebühr von 2% pro Jahr bedeutet das
Mein Vermögen | VV-Gebühren | Zeit des Vermögensverwalters |
---|---|---|
10.000 € | 200 € | 48 Minuten |
100.000 € | 2.000 € | Ein Tag |
500.000 € | 10.000 € | Eine Woche |
1.000.000 € | 20.000 € | Zwei Wochen |
10.000.000 € | 200.000 € | Einer ganz für mich allein |
30.000.000 € | nach Vereinbarung | Family Office |
Und wer - wie ein Robo-Advisor - billiger ist, muss richtig viel Geld verwalten, um auf seine Kosten zu kommen.
"Ein digitaler Vermögensverwalter kann mit einem verwalteten Vermögen von über einer Milliarde Euro schwarze Zahlen schreiben."
Erik Podzuweit, Scalable-Mitgründer
Also ihr 1,5-Prozenter: Hört auf zu jammern und dankt dem Herrgott, dass überhaupt jemand euer Geld nimmt.
Der Siegeszug der IT in Kombination mit demokratischen Produkten wie einem ETF lässt uns in der besten aller Finanz-Welten leben.
Mehr Macht als heute hatte der Privatanleger noch nie. Vor 20 Jahren wäre das Ganze keine Kostenfrage gewesen, sondern schlicht unmöglich.