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Leserfrage: Wie viele Fonds brauche ich, um das Risiko zu streuen?

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Eine Menge Leser haben die Tage zwischen den Jahren genutzt und den Deckel ihres Aktenordners mit der Aufschrift Depot gelüftet. Ich erhalte vermehrt Mails mit Depotaufstellungen. Am Ende jeder Mail die Frage:

Was soll ich tun mit diesem Depot?

Das typische Depot besteht aus aktiv gemanagten Fonds plus einem mehr oder weniger großen Bargeldanteil. Darunter viele Dachfonds und Mischfonds.
Die reinen Aktienfonds sind nicht passiv, sondern verfolgen alle eine bestimmte Strategie (Dividende, Value, Momentum).
Eins ist auffällig: Egal ob das Depot von Tecis, der Deutschen Bank oder einem unabhängigen Berater zusammengestellt wurde - weniger als 13 Positionen hatte kein Depot. Lieber 20, besser noch 25 bis 30 Fonds. Viel hilft viel.
Das Prinzip abgesägte Schrotflinte ist sicherlich hilfreich, wenn Sie einem schlechtgelaunten Werwolf gegenüberstehen. Einmal abgedrückt und das Biest ist zuverlässig über 20 Quadratmeter diversifiziert.
Nur: Investieren funktioniert so nicht.

Die Analyse

Schauen wir uns erst einmal an, mit welchen Fonds wir es zu tun haben. Hier eine Auswahl typischer Produkte.

Carmignac Patrimoine

WKN: A0DPW0, Kategorie: Mischfonds Aktien+Anleihen/Welt

"Der Fonds investiert hierzu höchstens 50% seines Nettovermögens in internationale Aktien und 50% bis 100% in fest- und/ oder variabel verzinsliche Anleihen sowie in Geldmarktprodukte.
Das durchschnittliche Rating der Anleihen liegt bei mindestens "Investment Grade". Der Anteil von Zinsprodukten der Schwellenländer darf 25% des Nettovermögens nicht überschreiten.

Deutsche Concept Kaldemorgen

WKN: DWSK51, Kategorie: Absolute Return / sonstige Strategien

"Der Fonds legt in verschiedenen Märkten und Finanzinstrumenten an, die unter Berücksichtigung der allgemeinen Konjunkturlage und nach Einschätzung des Fondsmanagements ausgewählt werden. Ferner ist beabsichtigt, Long- und synthetische Shortpositionen unter Nutzung der jeweiligen Über- und Unterbewertung verschiedener Anlageklassen aufzubauen und von der Möglichkeit zu profitieren, zur Absicherung von Marktrisiken Derivate einzusetzen.
Bis zu 100% des Fondsvermögens können global in Aktien, Anleihen, Zertifikaten und Barmitteln angelegt werden. Darüberhinaus gelten ab 05.12.2017 folgende Anlagegrenzen: Mindestens 25% des Fondsvermögens werden in Aktien weltweiter Emittenten angelegt, die zum amtlichen Handel an einer Börse zugelassen oder an einem anderen organisierten Markt zugelassen oder in diesen einbezogen sind und bei denen es sich nicht um Investmentfonds handelt. Bis zu 75% des Fondsvermögens können jeweils in die einzelnen vorstehend genannten Wertpapiere investiert werden."

DWS Top-Dividende

WKN: 984811, Kategorie: Aktienfonds International

"Das Fondsmanagement investiert weltweit in Aktien, vorranging hochkapitalisierte Werte, die eine höhere Dividendenrendite als der Marktdurchschnitt erwarten lassen."

Ethna Aktiv

WKN 764930, Kategorie: Mischfonds primär Anleihen/Welt

"Der Fonds investiert sein Vermögen in Wertpapiere aller Art, zu denen u.a. Aktien, Renten, Geldmarktinstrumente, Zertifikate und Festgelder zählen. Der Anteil an Aktien, Aktienfonds und aktienähnlichen Wertpapieren darf insgesamt 49 % des Netto-Fondsvermögens nicht übersteigen.
Die Investition in andere Fonds darf 10% des Vermögens des Fonds nicht überschreiten. Vornehmlich werden Vermögenswerte von Emittenten mit Sitz in einem Mitgliedstaat der OECD erworben. Der Fonds kann Derivate zur Absicherung oder Steigerung des Vermögens einsetzen."

Flossbach von Storch - Multiple Opportunities

WKN: A0M430, Kategorie: Mischfonds primär Aktien/Welt

"Der Fonds strebt als Anlageziel an, unter Berücksichtigung des Anlagerisikos, einen angemessenen Wertzuwachs in zu erzielen. Die Anlagestrategie wird auf Basis der fundamentalen Analyse der globalen Finanzmärkte getroffen.
Der Fonds investiert sein Vermögen in Wertpapiere aller Art, zu denen u.a. Aktien, Anleihen aller Art, Geldmarktinstrumente, Zertifikate, Gold, andere Fonds und Festgelder zählen. Bis zu 15% des Nettofondsvermögens dürfen direkt in Gold investiert werden.
Darüber hinaus kann der Fonds bis zu 10% seines Vermögens indirekt in Gold und andere Edelmetalle investieren. Der Fonds kann Derivate zur Absicherung oder Steigerung des Vermögens einsetzen."

M & W Privat

WKN: A0LEXD, Kategorie: Mischfonds Aktien+Anleihen/Welt

"Der M & W Privat ist ein vermögensverwaltender alternativer Investmentfonds (AIF), der ohne Quotenzwänge oder Benchmarkorientierung an den globalen Finanzmärkten - bevorzugt antizyklisch - investiert.Je nach Marktlage und Risikowahrnehmung kann bis zu 100 % des Fondsvermögens in Aktien, Anleihen, Liquidität (inkl. Währungen) oder auch physische Edelmetalle (z. B. Barren, ETFs) investiert werden.* Damit hat der Fonds die notwendige Flexibilität, um auf Wirtschafts-, Börsenzyklen oder Krisen reagieren zu können."

Sauren Global Balanced

WKN: 930920, Kategorie: Dachfonds Aktien- + Rentenfonds

"Der Fonds kann sein Vermögen in Anteilen offener Fonds anlegen, die schwerpunktmäßig in Aktien, Aktien und Anleihen (Mischfonds), Anleihen, Wandelanleihen, Genussscheine, Zertifikate, Immobilien oder Geldmarktinstrumente investieren.
Je nach kann das Fondsvermögen auch vollständig (max. 100%) in einem der vorgenannten Fondstypen angelegt werden.
Die Investmentgesellschaft kann Edelmetalle sowohl in physischer Form als auch in indirekter Form erwerben. Waren und Rohstoffe dürfen ausschließlich in indirekter Form erworben werden.
Darüber hinaus kann der jeweilige Teilfonds bis zu 30% seines Vermögens indirekt in a) Edelmetalle, b) Rohstoffe und c) Waren über Zertifikate ohne derivative Komponente (Delta 1 Zertifikate), Gold Bullion Securities und nicht-richtlinienkonforme Edelmetallfonds investieren, sofern sie als Wertpapiere zu betrachten sind und eine physische Lieferung an den jeweiligen Teilfonds ausgeschlossen ist."

Was fällt auf?

Jeder Fonds-Manager hat hohe Freiheitsgrade. Zwar heißt der Fonds von Herrn Sauren "Global Balanced", aber die Richtlien erlauben es ihm, das gesamte Fondsvermögen in Aktienfonds zu investieren, oder - wenn seine Einschätzung der Marktlage es nahelegt - zu 100% in Anleihenfonds umzuschichten. Die Herren Kaldemorgen und Flossbach haben sich ähnliche Freiheiten in den Vertrag schreiben lassen.
So ist der Deutsche Concept des Herrn Kaldemorgen aktuell gar nicht zu 100% investiert. Knapp 30% des Geldes sind unter "Bar und Sonstiges" rubriziert (Stand 29.12.17).

Investitionsgrad dws Kaldemorgen
Quelle DWS Investments

Was bedeutet das in der Praxis?

Die Herren schätzen die Marktlage ein und geben Kauf- und Verkaufsorders. Was das für Ihr Depot bedeuten kann, zeigt diese Grafik

Mischfonds, Dachfonds
Gleiche Faktenlage - zwei unterschiedliche Entscheidungen

Depot-Konsequenzen
Alle zerren am Depot, aber in der Summe geht es nicht voran

Der Bezugsraum für jeden Fondsmanager ist der eigene Fonds, nicht Ihr Depot. Beide Manager können ihre Strategie sinnvoll und schlüssig begründen - aber für Ihr Depot bedeutet das: Stillstand bei hohen Kosten.
Wenn Sie sich für einen aktiven Fonds entscheiden, dann muss es laufen wie bei Parship. Alle 11 Minuten verliebt sich ein Anleger. Und zwar in den einen Fonds-Manager, der ihm die Überrendite liefert.

Aktive Fonds müssten eigentlich so verkauft werden:

  1. Sie wollen Geld anlegen.
  2. Der Verkäufer lernt sie richtig gut kennen. Man trifft sich nicht nur in seinem Büro, sondern auch mal beim Bier in der Kneipe oder macht einen Ausflug.
  3. Wenn der Verkäufer weiß, wie sie ticken und was ihr Wertesystem ist, sagt er: "Sie sollten den "Flossbach von Storch Multiple Opportunities" kaufen. Bert Flossbach lebt Ihre Werte. Der passt zu Ihnen, mit dem werden Sie sich wohlfühlen". Warum sagt er das? Weil er Bert Flossbach (und alle die anderen Fonds-Manager) regelmäßig trifft und persönlich kennt. Mit anderen Worten, der Verkäufer sieht sich als Heiratsvermittler.

Und dann gehen Sie All-in und investieren in genau diesen Fonds. Mehr brauchen Sie auch nicht, denn der Fonds-Manager kümmert sich um die Assetallokation. Dem dürfen Sie nicht dazwischen pfuschen, indem sie weitere Aktivisten anheuern.
Wenn Sie auf Herrn Kaldemorgen setzen, geben Sie sogar die RK1/RK3-Assetallokation aus der Hand. Das ist kein Bug, sondern ein Feature. So funktionieren diese Total-Return-Fonds eben.

Ein Mischfonds ist ein Proto-Robo-Advisor. Er ist die primitive Vorstufe eines Robo-Advisors. Teurer halt und das Regelwerk ist weniger transparent.
Aber letztlich macht er das, was ein Robo auch macht: Er investiert selbständig in alle relevanten Anlageklassen und nimmt keine Rücksicht auf Ihre Gesamtsituation und ihre persönlichem Wünsche bezüglich der Gewichtung der verschiedenen Anlageklassen.

Aktives Fonds-Management steht dem passiven Ansatz diametral gegenüber.
Indexing setzt auf ein übergeordnetes Framework (MSCI, FTSE, STOXX), dem sich die Fonds unterzuordnen haben. Aktive Fonds arbeiten nach dem Sonnenkönig-Prinzip "Le fonds, c’est moi".
Es ist deshalb strategisch sinnlos so einen Fonds als Diversifikations-Baustein zu verwenden. Mit einem Fonds-Chamäleon, das von 100% Aktie zu 100% Anleihe wechseln darf, lässt sich keine definierte Anlagestrategie umsetzen. So ein Fonds braucht Freiraum. Den muss man machen lassen.
Ist auch logisch, denn Sie haben die Diversifikation von der Depotebene auf die Fondsebene verlagert.
Mehrere Fonds-Manager anzuheuern ist keine Diversifikation, sondern die praktische Umsetzung des Sprichworts "Viele Köche verderben den Brei".

Wenn Sie jetzt aber im Grunde Ihres Herzens doch nicht sicher sind, ob das denn so klappen wird mit der Überrendite: "Und wirklich nur ein Fonds-Manager? Hm, hm…" dann frage ich Sie:
Wenn Sie eigentlich nur eine solide Portion Unsicherheit für die Rendite kaufen wollen, warum zahlen Sie dann 2% laufende Kosten und 5% Ausgabeaufschlag? Unsicherheit liefert der ETF auch für ein Zehntel des Aktivpreises.

Fazit

  • Misch- und Dach-Fonds funktionieren nach dem Highlander-Prinzip: Es darf nur einen geben. Der Grund: Diversifikation und Assetallokation finden auf der Fondsebene statt. Nicht viel besser ist es mit aktiven Aktienfonds. Die sind wenigstens reviertreu. Ein Europafonds wird nicht auf einmal in Coca Cola investieren. Aber die Gewichtung der einzelnen Aktien ist dem einzelnen Manager überlassen. Wenn Sie mehrere aktive Aktienfonds mischen, erzeugen Sie mit ziemlicher Sicherheit Klumpenrisiken. Der Kauf eines aktiv gemanagten Fonds ist keine Investmententscheidung, sondern Personenkult. Sie sprechen einem konkreten Fonds-Manager ihr vollstes Vertrauen aus.
  • Beim Indexing gibt es ein klares Regelwerk, dem sich alle Fonds unterwerfen. Erst fällt die Entscheidung für die Index-Kombi, dann wird der passende Fonds gesucht. Das ermöglicht die Assetallokation auf Depotebene. Nur deshalb ist es möglich mehrere Fonds einzusetzen. Für einen Indexer sind Mann und Fonds austauschbares Kanonenfutter. Wer den besten Deal bietet, bekommt den Zuschlag.

Schönes Fazit, aber es bleibt die Frage: Was tun?

Sie haben zwei Möglichkeiten

  1. Konzentration: Flossbach oder Kaldemorgen? Wer bekommt ihr Geld?
  2. Diversifikation: Indexing mit Assetallokation auf Depotebene.

Ich akzeptiere beides. Aber ein Produkthaufen-Depot, bei dem 30 Fonds komplex durcheinander wuseln und unkontrollierbare Quer- und Seiteneffekte erzeugen erinnert mich an das Fässchen im Chemielabor.
Während unseres Organikpraktikums haben wir alle Versuchsreste in besagtes Fässchen gekippt. Der grundsätzliche Inhalt des Bottichs war bekannt, da wir nur bestimmte Chemikalien während des Praktikums verwendet haben.
Aber die prozentuale Zusammensetzung der toxischen Brühe? Keine Ahnung. War aber auch egal. Sie wurde ja entsorgt und sollte nicht das Fundament unserer Altersvorsorge bilden.


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