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Podcast: Geldschöpfung - Der Finanzwesir rockt, Folge 62

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Geldschöpfung, wie funktioniert sie und welche Probleme gibt es?
In dieser Podcastfolge gehen wir der Frage nach: Wo kommt das Geld her? Klar, die Zentralbanken drucken es. Aber das ist nur ein kleiner Teil der Geldmenge. Das meiste Geld ist sogenanntes Buch- oder Giralgeld. Es ist unsichtbar und wird im Kreislauf von Konto zu Konto weitergegeben. Das Zentralbankgeld - auch als Fiatgeld = Geld ohne inneren Wert bezeichnet - ist die Bezeichnung für das von Zentralbanken geschaffene Geld. Es setzt sich aus dem vollständigen Bestand der umlaufenden Banknoten sowie dem Sichtguthaben der Banken bei den Notenbanken zusammen.

Das Gegenteil von Fiatgeld ist Warengeld. Warengeld, das waren die Pelze, mit denen die Indianer Branntwein erwarben oder die US-amerikanischen Luckies, mit denen man 1945 in Deutschland auf dem Schwarzmark fast alles bekam. Auch Gold und Silber haben neben dem äußeren Tauschwert einen inneren Wert und sind deshalb Warengeld.

Zurück zum Zentralbankgeld.
Das Zentralbankgeld setzt sich aus drei Geldmengen zusammen

  1. Eng gefasste Geldmenge M1: Bargeld plus Sichteinlagen. Sichteinlagen = Girokonto und Tagesgeld. Sichteinlagen können täglich abgehoben werden. Abheben = Umwandlung in Bargeld.
  2. Mittlere Geldmenge M2: M1 plus Termineinlagen mit einer Laufzeit bis zu zwei Jahren und Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten.
  3. Weit abgegrenzte Geldmenge M3: M1 plus M2 plus Geldmarktfondsanteile, Geldmarktpapiere, Schuldverschreibungen mit einer Laufzeit bis zu zwei Jahren und Beträge aus Wertpapierleihe.
Geldmenge April 2018 Januar 2002 (Euro als Bargeld) Steigerung
M1 7.874 1.983 397%
M2 11.304 4.138 273%
M3 11.972 4.715 254%

Alle Zahlen in in Milliarden Euro.

Wie geht das denn jetzt nun mit diesem "Geld aus dem Nichts"?

Eine Bank hat kein Geld, will aber Kredite vergeben. Was tun?
Die Bank schaut in ihren Tresoren nach und findet dort eine Bundesanleihe. Coupon 2,500%, Laufzeit bis 04.07.2044, WKN: 113548 / ISIN: DE0001135481. Ein Check bei der EZB ergibt: Diese Anleihe ist eine notenbankfähige Sicherheit.
Was tut die Bank? Sie zwackt 100 € von der Anleihe ab und begibt sich anschließend nach Frankfurt am Main. Von der Hanauer Landstraße geht es in in die Sonnemanstraße. Rechter Hand die Filiale 503 der Deutschen Post, links der ERZB-Turm. Die Bank geht nach links, am Pförtner vorbei, legt ihre 100 €-Anleihe als Sicherheit auf den Tresen und geht mit 10.000 € wieder raus. Einziger Unterschied zu Pfandkredit Johannsen: Wenn man da mit 100 € kommt, geht man mit 10 €.
Das ist die sogenannte Mindestreserve. Seit 2012 gilt in Deutschland: 1% der Kreditsumme muss bei der Zentralbank hinterlegt werden.
Die zweite Bedingung: Die Bank muss alle Kredite entsprechend mit Eigenmitteln unterlegen. Die Eigenkapitalquote darf deshalb 8% nicht unterschreiten.
In unserem Beispiel bedeutet das: Zusätzlich zur Mindestreserve von 100 € müssen noch Bundesanleihen im Wert 800 € in den Tresoren der Bank lagern. Aus 900 € Eigenkapital macht die Bank einen 10.000 €-Kredit.
Wie geht es jetzt weiter mit den 10.000 €, die die Bank aus Frankfurt mitgebracht hat?
Die landen auf dem Girokonto des örtlichen Edeka-Händlers. Der kauft dafür schicke neue Regale und eine neue Kühltheke.
Der Umbau hat sich gelohnt, der Laden brummt. Die Kunden kaufen mit Kredit- oder EC-Karte Waren im Wert von 10.000 € ein.
Nun kann der Edeka-Händler den Kredit zurück zahlen. Er überweist 10.000 € an die Bank.
Der elektronische Überweisungskreislauf schließt sich. Das Giralgeld wird wieder vernichtet.

PS: Natürlich reicht die Bank nicht 100 € bei der Zentralbank ein, sondern 100.000 € und kann dann 10.000.000 Euro an Krediten vergeben.

Die Probleme mit der Geldschöpfung

Es gibt mehrere Möglichkeiten, das neu geschöpfte Geld zu verwenden:

  1. Entweder es wird in der Realwirtschaft verwendet, wenn Unternehmen damit beispielsweise ihre Investitionen finanzieren. Das führt dann zu Wirtschaftswachstum. 2.Oder es wird verwendet, um bereits bestehende Güter oder Dienstleistungen zu kaufen – dann ist das Resultat Inflation.
  2. Die dritte Variante aber gewinnt immer mehr an Bedeutung: Das Geld wird auf dem Finanzmarkt oder dem Immobilienmarkt ausgegeben und bildet so den Nährboden für neue Spekulationsblasen.

Weil die Geldmenge in den letzten Jahrzehnten rund viermal schneller gewachsen ist als das Bruttosozialprodukt, wanderte das Geld bevorzugt in die Finanzwirtschaft und erzeugte dort Blasen und andere Verwerfungen. Dabei handelt es sich nicht um Geld im rechtlichen Sinn, sondern nur um einen Anspruch darauf, den die Banken auf Wunsch erfüllen müssen – aber insgesamt nicht erfüllen können.

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Finanzbegriff der Woche

Basel III - für mehr Eigenkapital in der Bank. Auch Banken brauchen Eigenkapital, sonst werden sie in der nächsten Krise wieder notleidend und müssen vom Steuerzahler gerettet werden. Deshalb hat der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht bei der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) in Basel im Dezember 2010, nach Billigung durch die G20 im November 2010, Empfehlungen für Eigenkapital- und Liquiditätsregeln für Kreditinstitute abgegeben. Diese Empfehlungen werden Basel III genannt. Banken müssen 8% Eigenkapital besitzen. Nur um die 8% mal in Relation zu setzen:

  • Sie haben 8% Eigenkapitel und wollen dann einen Immo-Kredit? Das sieht die Bank kritisch.
  • Benjamin Graham (Vater des Value Investings) war der Meinung: Ein Unternehmen muss mindestens eine Eigenkapitalquote von 50% besitzen.
  • Aus der Sicht heutiger Value-Inverstoren ist eine Eigenkapitalquote von mehr als 30% ausreichend.
  • Laut Statistia liegt die durchschnittliche Eigenkapitalquoten von mittelständischen Unternehmen in Deutschland 2016 zwischen 22,5 und knapp 34 Prozent.

Wenn man sich die 8% Eigenkapital einmal genau anschaut, stellt man fest:

  • 4,5% sind hartes Kernkapital, das ist das "echte Eigenkapital". Die eignen Aktien und Rücklagen aus einbehaltenen Gewinnen
  • 1,5% sind weiches Kernkapital, das sind die stillen Einlagen und Anleihen der Banken. Zum Beispiel die hier: Deutsche Bank-Anleihe: 6,150% WKN: 393349 / ISIN: DE0003933495.
  • 2% ist Ergänzungskapital - hier finden sich Genussrechte und langfristige, nachrangige Verbindlichkeiten. Ein Vertreter dieser Gattung ist der Commerzbank AG Inh.Genussschein 05/31.12.2020, WKN A0D4TQ | ISIN DE000A0D4TQ9. Als Genussrechte werden Wertpapiere bezeichnet, die eine Mischung aus Eigen- und Fremdkapital darstellen. Diese Produkte sind Zwitter aus Aktie und Anleihe.

Medienempfehlungen des Finanzrockers

Deutschlandfunk: Wirtschaft verstehen

Tag auf Tag im Hamsterrad: Geldsystem verstehen - Wie das Geld- und Wirtschaftssystem funktioniert und uns zu Hamstern macht* von Christopher Klein und Jens Helbig.

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Tag auf Tag im Hamsterrad: Geldsystem verstehen - Wie das Geld- und Wirtschaftssystem funktioniert und uns zu Hamstern macht

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