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Monte Carlo: Rendite aus dem Casino

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Nach wie vor eine der größten Hürden: Wie stelle ich mein ETF-Depot zusammen? Hier ein neuer Anlauf von mir um zu zeigen: Die Depotprozente sind nicht der Hebel.
Wir begrüßen

  1. Pure Play: MSCI World. Nur Industrieländer, das reicht. Wenn der Appleumsatz größer ist das das Bruttoinlandsprodukt von Pakistan, wer braucht dann den Schwellenländerkram.
  2. Eine Zeile im Depot: MSCI ACWI, die 90 % Industrieländer und ein Hauch Exotik.
  3. 70/30: Ich sach’ nur China! Die Schwellenländer muss man signifikant im Depot haben
  4. 30/30/30/10 - weil ich so gern am Mischpult stehe. 30 % USA reicht mir, die haben mal Trump gewählt, 30 % des alten Kontinents, denn ich bin ein überzeugter Europäer, 30 % Schwellenland, da schließe ich mich meinem Vorredner an und 10 % für das pazifische Becken. Japan schwächelt zwar seit Jahren, aber ich möchte gut diversifiziert sein. Vier Zeilen im, saubere Gliederung, das gefällt mir.

Wohl an, was kriegen wir von MSCI? Bitte in Euro und die Net-Variante (da sind die Steuern schon runter, diese Variante kommt der Realität Ihres Portemonnaies am nächsten). Bei MSCI geht’s im Dezember 2001 los.

Indexvarianten klassisch
Einmalzahlung 10.000 Euro / Sparplan 300 Euro
Und, was sehen wir?

  1. Die ersten drei Jahre (bis 2004) tut’s nichts zur Sache.
  2. Für die nächsten 11 Jahre (bis Ende 2015) liegen die Einzeiler zurück. Im Juni 2011 haben 70/30 und "Triple 30 plus 10" ihren Vorsprung maximal ausgebaut. Wasser auf die Mühlen aller Diversifizierer.
  3. Dezember 2015 bis Juni 2016: Durch dieses Nadelöhr müssen alle Kurven durch. Da heißt Solidarität zeigen, Rendite abgeben und zusammenrücken.
  4. Kleiner Ausbruchsversuch der Mehrzeiler zwischen Weihnachten 2017 und Juni 2018.
  5. Die Coronaschwerkraft reisst alles herunter
  6. Die nutzlosen Einzeiler bemächtigen sich der Führung und machen das ganze Narrativ der Vielzeiligkeit im Depot kaputt. Dreisterweise liegt auch noch der gelbe MSCI World vorne.

Aber Moment: Ist zwar Fotofininish, aber noch liegt grün (70/30) vor ACWI (lila). Das ist korrekt, aber nur weil ich 2001 10.000 Euro in den Pott geworfen habe. Wer ohne Einmalzahlung startet, für den sieht das aktuelle Ranking wie folgt aus

  1. World
  2. ACWI
  3. 70/30
  4. 30/30/30/10

Was lernen wir daraus

  1. Das Klassenziel "nicht arm sterben" erreichen alle Depots.
  2. It’s the economy stupid. Je mehr USA im Depot, desto höher die Rendite. Irgendwann werden die USA schwächeln und dann kommt "Triple 30 plus 10" wieder ganz steil aus dem Gebüsch.

Menno! Aber einen Ausweg gibt es: Man reiche mir die Small Caps. Small Caps machen ja mehr Rendite.
Praxishinweis vom Finanzwesir: Die Small Caps haben von allen Faktor-ETFs die längste Historie, deshalb sind sie hier am Start. Das Ganze gilt aber grundsätzlich für alle Faktor-ETFs.

Small Caps als Rendite-Burner

Sowohl den World, als auch die Schwellenländer gibt es in drei Varianten

  1. ohne Zusatz: Die Brot&Butter-Variante mit Large und Mid Caps.
  2. mit SC - der GTI der Fonds-Familie. Nur Small Caps, das ganze LC/MC-Establishment ist nicht an Bord. Performance mit wehendem Fuchsschwanz
  3. mit IMI - die Poser-Variante. Motor hat nicht mehr PS, aber geile Chromfelgen. IMI = Investable Market Index, bedeutet: Large Caps, Mid Caps und Small Caps

World IMI und SC
Schwellenänder IMI und SC

Fazit

Schlechte Zeiten für Sammler und Horter. MSCI World: rund 1.600 Firmen, MSCI World IMI: rund 6.000 Firmen. Und was machen die 4.400 Firmen für einen Unterschied? Nix "Kleinvieh macht auch Mist", Kleinvieh ist Mist.
Bei den Schwellenländern das gleiche Bild: Rund 800 Firmen im Mutterindex versus 3.300 im IMI.
Der IMI prahlt mit einer Marktabdeckung von 99 %, während der Mutterindex nur 85 % des Marktes abdeckt. Ja und, ich will Rendite, keine Marktabdeckung.
Einzig die SC-Variante legt sich mehr in die Kurve. Im Guten wie im Bösen.
Von 2003 bis 2008 haben sich die Small Caps einen Vorsprung herausgearbeitet, den sie im Dezember im Rahmen der Subprime-Krise fast vollständig wieder abgegeben haben.
Das Gleiche noch mal im Corona-V. Jetzt ist diese Kurve easy zu ertragen, aber im März 2020 war der Juni 2021 noch nicht bekannt, da war nur Abgrund, nicht der zweite Schenkel des V.
Es gilt nach wie vor: Wer Rendite will muss Volatilität ertragen.

Indexvarianten mit Small Caps
Indexvarianten mit Small Caps

Wenn sich Small Caps auswirken soll, dann müssen Sie All-in gehen. Im konkreten Fall bedeutet das:
Dezember 2001, alles ist voller Schuttberge. Die Nachwirkungen des Dotcom-Crashs sind noch lange nicht überwunden, der Neue Markt ist kollabiert und die Freiheit Deutschlands wird am Hindukush verteidigt, weil vor drei Monaten bärtige Männer in Hochhäuser geflogen sind.
Und Sie: Ich will kein Tagesgeld, ich will keine Anleihen, ich will keinen DAX, ich will keine internationalen Dickschiffe, ich will 7.000 Euro unter anderem in Bill.com Holdings, AMC Entertainment und Entegris investieren.
3.000 Euro gehen an Parade Technologies, Chinasoft und SRF (Top 3 des EM SC).
Und das halten Sie dann 20 Jahre durch, während Sie gleichzeitig kein Amazon, Facebook und Microsoft im Depot haben?
Also ich würde mal sagen: Für einen Deutschen sind Sie ganz schön aus der Art geschlagen.
Ja, aber man kann doch beimischen. Klar kann, man, aber dann bringt’s nichts mehr. Ich bin mit meinem "Ich mach halbe-halbe"-Ansatz doch schon weit aggressiver unterwegs als die meisten Anleger ("Ja, 10 % Small Caps, das könnte ich mir vorstellen").
Zehn Prozent - das bedeutet doch nicht weiter als: Noch ‘ne Zeile im Depot und die Rendite bleibt nach wie vor auf "nicht arm sterben" stehen.

Hier holt der Bartel den Most

Bis jetzt haben wir untersucht, wie sich verschiedene Indexmischungen in der Vergangenheit verhalten haben. Lassen Sie uns jetzt in die Zukunft schauen. Welche Zukünfte hat die 70/30-Mischung?
Dabei hilft uns die Monte-Carlo-Simulation.

Monte-Carlo-Simulation

Wenn der Kurs des ETFs heute bei 100 Euro steht, kann er morgen auf 100,34 Euro steigen, oder auf 100,21 Euro oder er fällt auf 99,45 Euro. Wer weiß dass schon so genau.
Monte Carlo kennt die Kursverläufe der Vergangenheit: Plus minus 0,5 % Tagesschwankung geht klar, aber ein Absturz von 100 Euro auf 50 Euro, nein, das geht nicht. Basierend auf diesem Kursprofil erwürfelt Monte Carlo 10.000 mögliche Zukünfte.

Die 10.000 Zukünfte des 70/30-Depots

Monte Carlo Simulation

Sehr bedauerlich: Während sich 70/30 und 70/30 SC ein Rennen um einstellige Prozente liefern, sagt Monte Carlo: 70/30 hat schon eine Spreizung um das drei- bis siebenfache.
Ich habe dieses Experiment mit den verschiedensten Laufzeiten, Index-Gewichtungen, Einmalzahlungen und Sparplanraten durchgeführt. Das Ergebnis

  • 20 Jahre Laufzeit, hohe Einmalzahlung (ab 10.000 Euro) und relativ geringe Sparraten (bis 500 Euro): In etwa Faktor drei (Delta von 200 %)
  • 30 Jahre Laufzeit, keine Einmalzahlung: Faktor sechs bis sieben (Delta 500 % bis 600 %)

Diese Spreizung beruht nur auf vergangenen Kursereignissen. Ihre persönlichen Schicksalsschläge sind da noch nicht inkludiert. Scheidung, Hochzeit, Krebserkrankung, berufliche Großchance; all das kommt noch einmal oben drauf.

Fazit

Das was Sie am Ende herausbekommen, hängt nicht von der Zusammenstellung Ihres Depots ab, sondern von der geopolitisch globalwirtschaftlichen Lage. Wenn es rund läuft in der Wirtschaft, hebt die Tide alle Schiffe. Wenn nicht, wird auch ein heroisches Small-Caps-Engagement Sie nicht retten.
Das ist aber blöd. An geopolisch / globalwirtschaftlich kann ich nix ändern; aber bei den Indexprozenten, da bin ich Feldherr.
Dann basteln Sie an Ihren Prozenten herum. Aber nach wie vor gilt: Geld gibt’s für den Kontrollverlust, nicht für ein besonders schön geklöppeltes Depot.


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