Quantcast
Channel: Finanzwesir
Viewing all articles
Browse latest Browse all 678

Der aktive Anleger - zwischen Pest und Cholera

$
0
0

Grundlage dieses Artikels ist ein Vortrag, den Joachim Goldberg auf dem Finanzbarcamp 2015 in Offenbach gehalten hat.
Zu Beginn seines Vortrags fragte Herr Goldberg: "Handelt jemand an der Börse?" Eine Dame neben mir meldete sich. Auf die nach dem Erfolg sagte sie wortwörtlich: "Nur mit knallharten Regeln." Warum Herr Goldberg diese Antwort schmunzelnd zur Kenntnis nahem, werden wir im Folgenden sehen.

Unser Gehirn: Der Endlevel-Gegner

Ich hätte nie gedacht, dass unser Gehirn so ein fauler und verlogener Geselle ist.
Überbordende Zuversicht kombiniert mit der Fähigkeit sich alles schönreden zu können, führt immer wieder zuverlässig in die Katastrophe. Wer als aktiver Händler wirklich erfolgreich sein will, muss

  • einen Fortgeschrittenenkurs in psychologischer Selbstanalyse erfolgreich absolvieren,
  • schonungslos ehrlich zu sich selbst sein,
  • über einen stählernen Willen und
  • die Demut eines buddhistischen Mönches verfügen.

Das Commitment

Das Commitment (auf Deutsch, die Verpflichtung) ist der emotionale Klebstoff, der Sie an eine einmal gefällte Entscheidung bindet.
Stimmen Commitment und Realität nicht miteinander überein, entsteht eine sogenannte koginitve Dissonanz. Diese Unstimmigkeit zwischen Wahrnehmung, Denken und Handeln mögen wir genauso so wenig wie Hunger oder Durst.
Deshalb wollen wir sie beseitigen. Normalerweise zieht dabei die Realität den Kürzeren. Klassisches Beispiel: Der Fuchs, dem die Trauben zu sauer sind.
Ganz Allgemein: Misserfolge werden auf Dritte abgewälzt, nur für den Erfolg übernehmen wir gern die Verantwortung.
Und das alles der inneren Harmonie wegen.

Ein anderer interessanter Aspekt: Wir haben eine Fehlentscheidung getroffen. Der rationale Homo oeconomicus begradigt die Front und schreibt die Verluste ab, den er hat weder Herz noch Seele und wird deshalb nie kognitiv dissonant. Wir dagegen schmeißen dem schlechten Geld noch gute hinterher mit der Begründung: "Was man anfängt, muss man auch durchziehen."
Das ist Blödsinn. Wir machen das, um unser Gesicht zu wahren und um unsere erste Entscheidung nicht alt aussehen zu lassen. Alles für die Konsistenz.

Erfolgreiche Börsianer sind nicht harmoniesüchtig, sondern hart gegen sich selbst. Sie erkennen, dass sie gerade in die Commitment-Falle getappt sind und sagen ehrlich: "Es war mein Fehler."

Verlust oder Gewinn - Alles ist relativ

Verluste werden viel stärker wahrgenommen, als Gewinne. Das führt dazu, dass wir zu früh verkaufen und zu spät verkaufen, wie ich es in diesem Artikel beschrieben habe.

Wie halten Sie es mit dem Risiko? Sind Sie solide oder ein Zocker?

Kommt darauf an.

Jetzt sind Sie solide

Sie sitzen an einem Tisch. Links liegt ein Briefumschlag mit 5.000 Euro. Rechts liegen fünf Briefumschläge unter einander. Vier sind leer, in einem sind 25.000 Euro.
Sie dürfen einmal zugreifen. Links oder rechts? Für einen rationalen Homo oeconomicus stellt sich diese Frage nicht, den für ihn sind beide Fälle identisch, denn der Erwartungswert beträgt in beiden Fällen 5.000 Euro.

  • 100% Chance auf 5.000 Euro => Erwartungswert 5.000 Euro
  • 20% Chance auf 25.000 Euro => Erwartungswert 5.000 Euro

Ich vermute stark, dass Sie sich für die sicheren 5.000 Euro entscheiden.

Jetzt spielen Sie

Das gleiche Szenario wie oben. Nur dass jetzt im linken Briefumschlag ein Schuldschein von 5.000 Euro liegt. Die müssen Sie zahlen. Im rechten Bereich liegen vier Freifahrscheine und ein Schuldschein über 25.000 Euro. Ziehen Sie den, müssen Sie 25.000 zahlen.
Was tun Sie? Die Mehrheit wird sich dafür entscheiden, rechts zuzugreifen.

Das bedeutet: Unsere Risikotoleranz ändert sich je nachdem, ob Gewinne winken oder Verluste drohen.

Als aktiver Börsianer müssen Sie wie ein Jedi-Ritter stets ihre Gefühle prüfen, damit die Dunkle Seite der Macht nicht Besitz von Ihnen ergreift. Meister Yoda sprach:

"Vorsicht du walten lassen musst, wenn in die Zukunft du blickst, Anakin. Die Furcht vor Verlust ein Pfad zur Dunklen Seite ist."

Kontrollwahn

Wir wollen keine Objekte, sondern Subjekte sein. Wir möchten unsere Umwelt verstehen und beeinflussen. Dieses Bedürfnis ist biologisch fest in uns verankert. Wichtig ist nicht, ob wir tatsächlich am Steuer sitzen, solange wir nur glauben, wir hätten alles im Griff sind wir zufrieden.
Kontrollverlust macht uns sehr unglücklich.
Das Problem: Börse ist Kontrollverlust pur. Der naive Anleger reagiert darauf mit Kontrolle durch Mustererkennung. Er versucht Muster vom gestern auf Vorgänge in der Zukunft zu übertragen.
Diese Szenario-Analysen geben ihm ein trügerisches Gefühl der Sicherheit. Je detaillierter die Analyse, umso besser.
Vielen Anlegern reicht es, möglichst viele Informationen zusammenzutragen. Sie fühlen sich dann gut.
Ob der zusammengehamsterte Info-Haufen ihre Chancen an der Börse erhöht, ist zweitrangig.

Lenin wäre eine lausiger Börsianer gewesen, denn mit "Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser", kommen Sie an der Börse nicht weit.

Schubladendenken

Daniel Kahnemann lässt grüßen. Ich spreche von "Langsames Denken, versus Schnelles Denken".

  • Langsames Denken = das kontrollierte, bewusste System. Es ist unglaublich energieaufwendig aber genau und vernünftig. Es wird deshalb nur zugeschaltet, wenn die Aufgabe es erfordert.
  • Schnelles Denken = das Unterbewusste greift auf Erfahrungen, Normen und Emotionen zurück. Es läuft immer, tendiert aber zu Abkürzungen, Schubladendenken und Vorurteilen.

Beide Systeme sind untrennbar mit einander verbunden. Eins kann nicht ohne das andere sein. Aus Energiespargründen geht Schnelligkeit vor Genauigkeit.
Unser Gehirn jongliert mit Heuristiken und kommt dabei zu hinreichend guten Ergebnissen, die uns sicher durch den Alltag führen.
An der Börse hingegen führt uns die Intuition oft auf die falsche Fährte.

Sie werfen zehn mal hintereinander eine Münze und haben zehn mal die Zahl gesehen. Was passiert beim elften Wurf: Noch eine Zahl oder endlich Kopf?
Der kluge Börsianer schaltet sein langsames System ein und sagt: "Ist egal", der naive Börsianer hält eine tief gefallene Aktie weiter, denn "Irgendwann muss es ja auch mal wieder nach oben gehen." Und wieder hat die Repräsentativitätsheuristik zugeschlagen.

Ebenfalls eine beliebte Fehlerquelle ist die Bewertung verbundener Ereignisse. Was ist wahrscheinlicher:

  • Eine Atomkatastrophe in einem deutschen Kernkraftwerk?
  • Eine Sturmflut auf der Elbe löst eine Atomkatastrophe im AKW Brunsbüttel aus?

Oft genug werden beide Szenarien als gleich wahrscheinlich angesehen. Das kann aber nicht sein. Die Kombination mehrerer Ereignisse (Sturmflut plus Atomkatastrophe) kann nie gleich oder größer sein, als die Wahrscheinlichkeit eines Einzelereignisses. Das gibt die Mathematik nicht her.
Auf die Börse bezogen bedeutet das: Die Wahrscheinlichkeit, dass der Dow Jones gemeinsam mit dem japanischen Nikkei-Index fällt, ist weniger wahrscheinlich, als die Tatsache, dass entweder der Dow oder der Nikkei fällt.
Kombinierte Wahrscheinlichkeiten können erstaunlich niedrig ausfallen.
Beispiel:

  • Ereignis A hat eine Wahrscheinlichkeit von 70%
  • Ereignis B hat eine Wahrscheinlichkeit von 90%
  • Ereignis C hat eine Wahrscheinlichkeit von 50%
  • Die Wahrscheinlichkeit A,B und C gemeinsam zu erleben, liegt bei 70% x 90% x 50% = 31,5%

Trotzdem überschätzen wir kombinierte Wahrscheinlichkeiten systematisch. Der Grund: Die detailreiche Beschreibung spricht unser Szenario-Denken an und flugs haben wir die passende Schublade geöffnet.
Merke: Nur weil etwas besonders plausibel klingt, ist es nicht besonders wahrscheinlich.

Das war jetzt eine kleine Auswahl. Der heuristische Affe in uns hat noch viel mehr Gemeinheiten auf Lager.

Zwischenfazit

Das war jetzt ein kleiner Ausschnitt der Psycho-Pest, die den aktiven Anleger plagt. Es gibt noch weit mehr bösartige Biase (Home Bias und Kollegen), die dem Anleger das Leben schwer machen.
Das ist der Grund, warum ich am Anfang dieses Texte einen Fortgeschrittenenkurs in psychologischer Selbstanalyse empfohlen habe und die Dame aus der Goldberg-Session ihre "knallharten Regeln" aufgestellt hat.

Aber eine Strategie haben wir jetzt ja noch immer nicht. Wenden wir uns deshalb der operativen Cholera zu.

Eine aktive Anlagestrategie entwickeln

Egal ob Momentum-, Value- oder Dividenden-Strategie. Sie müssen sich einlesen und verstehen, wie diese Strategie funktioniert.
Nehmen wir die Value-Strategie. Hier möchten Sie Aktien von Top-Firmen zu einem günstigen Preis erwerben.
Eine berechtigte und in ihrer Schlichtheit unverfängliche Forderung. Niemand wird bestreiten, das die Value-Strategie sinnvoll ist. Auch ich nicht.
Aber der Teufel ist bekanntlich ein Eichhörnchen, das im Detail sitzt.
Wie definieren Sie Top-Firma? Was ist ein günstiger Preis?
Welche Kennzahlen halten Sie für geeignet? Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), das Kurs-Umsatz-Verhältnis oder die Eigenkapitalquote. Oder eine Kombination davon?
Wenn Sie sich für das KGV als Kennzahl entscheiden. Welches KGV ist value? 5, 17 oder 346? Wenn Ihre Value-Schwelle bei einem KV von 5 liegt: Warum? Wer sagt das? Und kommen Sie mir nicht mit einem: "Das habe ich so im Internet gefunden."

Och, muss ich das wirklich? Ist ja brutal aufwändig.
Na ja, Sie wollen doch den Markt schlagen und den heiligen Gral der Überrendite erlangen. Glauben Sie wirklich, dass der Zufall hier ein guter Verbündeter ist?

Irgendwann haben Sie sich Ihr theoretisches Gerüst gebaut, nun müssen Sie Ihre Strategie auch in die Praxis umsetzen. Implementieren sagen sie dazu bei McKinsey.

Eine aktive Anlagestrategie implementieren

Man reiche mir Excel. Ohne Excelkenntnisse keine aktive Anlagestrategie. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Wenn Sie wissen, wie Sie die aktuellen Börsenkurse von Yahoo! Finanzen automatisch in Ihr Excel-Sheet bekommen, gibt’s Bonuspunkte.
Als aktiver Anleger sind Sie ein Alpha-Männchen beziehungsweise ein Alpha-Weibchen.
Mit Alpha bezeichnet man die Rendite, die auf Ihr Können zurückzuführen ist. Als ehrlicher, hart zu sich selbst seiender Alpha-Wallstreet-Wolf stellen Sie sich natürlich dem Benchmark. Planen Sie also für den Benchmark-Vergleich schon mal mal einen weiteren Reiter in Excel ein.
Sie müssen sich natürlich einen Benchmark überlegen, der zu Ihrem Portfolio passt.

Och nee, kann ich nicht auf diesen Benchmark-Kram verzichten.
Klar können Sie das, aber dann werden Sie nie erfahren, ob sich die ganze Arbeit gelohnt hat.
Aber wenn ich besser als der DAX bin, ist doch alles gut. Ist es nicht. Den DAX kann jeder schlagen. Ich muss mir nur genügend Risiko aufladen und Glück haben.
Sie müssen schon die risikoadjustierte Rendite Ihres Depot mit dem passenden Benchmark vergleichen. Wenn Ihr Depot bei gleichem Risiko mehr Rendite bringt, sind Sie im Alpha-Team.
Und wie mache ich das, dieses risikoadju-dingens?
Woher soll ich das wissen? Ich bin ein Passiver. Sie wollen doch aktiv sein. Dann legen Sie mal los. Werden Sie aktiv.

Wenn Sie schon dabei sind: Vergessen Sie nicht ihre Anlagestrategie auch auf Ihr Depot zu übertragen. Womöglich müssen Sie Stop-Loss-Kurse setzen oder automatische Merker einbauen, so dass Sie eine E-Mail bekommen, wenn eine Aktie auf Ihrer Watchlist bestimmte Kriterien erfüllt.

Welche Aktie soll’s denn sein?

Als aktiver Anleger müssen Sie ein extrem vielseitig interessierter Mensch sein. Wo immer es etwas zu lesen, zu sehen oder zu hören gibt, sind Sie dabei.
Und ich meine damit ausdrücklich nicht Bilanzen, Firmen-Nachrichten und ähnliche Wirtschaftsthemen. Das ist die Pflicht.
Ich meine damit das "Raus aus der Filterblase".

  • Fahren Sie nicht mit dem Auto zur Arbeit, sondern mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Warum? Weil Sie dort Menschen sehen, die nicht zu Ihrer sozialen Schicht gehören. Wie sehen diese Menschen aus, wie benehmen sie sich? Wecken Sie den Ethnologen in sich.
  • Haben Sie schon ein Netflix- oder Amazon Prime-Abo, nutzen Sie Spotify? Nein, dann aber nichts wie ran an die neuen Medien. Werden Sie wie die Teenager, werden Sie WLAN-abhängig.
  • Unsere Gesellschaft wird immer älter. Kennen Sie den aktuellen Stand der Schlaganfall-Forschung? Was kann man eigentlich gegen Demenz tun?

Lange Rede, kurzer Sinn: Werden Sie zum Polymath, zum Renaissance Man.

Warum?
Weil Sie nur so die von André Kostolany geforderte Phantasie erwerben. Wie wollen Sie erfolgreiche Stories aufspüren, wenn Sie das denken, was alle denken?

Kurze Anekdote zur Auflockerung: Als ich Ende der 80er Jahre mit meiner Freundin in Karlsruhe spazieren ging, wehte uns der Wind ein Flugblatt der NPD vor die Füße.
Ich habe es aufgehoben und wollte es lesen. Meine Freundin hat sich fürchterlich aufgeregt, wie ich sowas!!! nur lesen könne.
Meine Antwort: "Vielseitig interessiert sein, breite Basis schaffen. Erst mal alles vorurteilsfrei lesen. Dann das gelesene in die Matrix einordnen und bewerten."
Zuerst hat sie ein bisschen gegrummelt, es dann aber akzeptiert. Heute ist sie glücklich darüber, denn ich "weiß beim Kreuzworträtsel einfach alles".

Meine Erfahrung: Wer sich vielseitig interessiert, sieht Zusammenhänge, die andere so nicht sehen. Das lässt sich für eine aktive Anlagestrategie ausbeuten.

Psycho-Kram hin, operativer Aufwand her:

Trauen Sie sich zu, das hier dauerhaft hinzukriegen?

Aggressiver Anleger Defensiver Anleger
Ohne überlegene Fähigkeiten Verdient viel, wenn der Markt steigt und verliert viel, wenn der Markt sinkt Verliert nicht viel, wenn der Markt sinkt, verdient nicht viel, wenn der Markt steigt
Mit überlegenen Fähigkeiten Verdient viel, wenn der Markt steigt und verliert wesentlich weniger, wenn der Markt sinkt Verliert nicht viel, wenn der Markt sinkt, aber er macht gute Gewinne, wenn er steigt

Wählen Sie ihren Investment-Stil. Egal ob aggressiver oder defensiver Anleger: Sie müssen die Asymmetrie der Performance hinbekommen.
Als aggressiver Anleger liegt Ihnen der Bullenmarkt. Aber was passiert, wenn das Börsenklima sich ändert? Schaffen Sie es auch dann gut zu sein, wenn die aktuelle Situation nicht so Ihr Stil ist?
Das gleiche gilt für defensive Anleger. Sie halten im Bärenmarkt eisern die Stellung und verlieren wenig. Aber wenn die Bullen zur Stampede ansetzen: Bleiben Sie dann im Staub zurück oder partizipieren Sie in einem vernünftigen Maß von steigenden Kursen?

Ihr Leben

Jetzt machen wir mal den Reality-Check. Zum Polymath wird man schließlich nicht über Nacht.

Ihre Arbeit

Laut statistischem Bundesamt arbeiten Vollzeitbeschäftige 42 Stunden pro Woche. Ihre Fahrzeit setze ich mit einer halbe Stunde an und sie haben eine halbe Stunde Mittagspause.
Damit sind 10 Stunden des Tages weg. Sie verlassen das Haus um 8:00 Uhr und kehren um 18:00 Uhr zurück.

Schlafen

Damit Sie auch fit sind am nächsten Tag, müssen Sie um 23:00 Uhr ins Bett.

Der Rest

Was machen Sie zwischen 18:00 Uhr und 23:00 Uhr? Erst einmal Abend essen. Entweder alleine oder mit Familie oder Partner.
Dann die Post durchsehen. Die Werbung in den Müll, die Rechnungen prüfen und dann auf den "Zu-bezahlen"-Stapel legen.
Irgendwann sind die Kinder im Bett, das Administrative ist durch und man hat alles Notwendige mit dem Partner besprochen.
Das sind die normalen Tage. Wenn Sie

  • lange Überstunden machen,
  • sich mit Freunden auf ein Bier treffen,
  • ins Kino oder Konzert gehen

machen Sie Abends nichts mehr.

Wann tüfteln Sie an Ihrer Börsentrategie?

  1. Auf dem Weg zur Arbeit hören Sie Podcasts (Autofahrer) oder lesen Börsenbücher (unterwegs mit der S-Bahn).
  2. Wenn Ihr Arbeitstag nicht sonderlich anstrengend ist, haben Sie auch auf dem Rückweg noch genug Kraft für anspruchsvolle Themen.
  3. An normalen Tagen (wenn die Kinder im Bett sind und die Küche aufgeräumt ist), machen Sie nicht den Fernseher an, sondern Ihren Rechner und lernen etwas über die Momentum-Strategie.
  4. Am Wochenende haben Sie endlich genug Zeit. Sie gehen weder in den Baumarkt, noch treffen Sie sich mit Freunden. Ihre Frau / ihr Mann macht am Samstag mit den Kindern den Wohnungsputz, während Sie über Börsenstrategien brüten. Der Sonntag ist noch schöner, denn da sind die Kinder auf einem Geburtstag und Sie können endlich mit Ihrem Partner über Finanzthemen sprechen.
  5. Sie sind Single und fühlen sich von Szenario 4 nicht richtig angesprochen? Gut, Sie gehen weder Segeln, noch in die Berge und auch nicht auf den Fußballplatz. Sie treffen sich auch nur sehr sporadisch mit Freunden, denn Sie arbeiten am Wochenende mindestens zehn Stunden an Ihren Finanzstrategien. Was, zehn Stunden? Na klar, Sie sind aktiver Anleger. Sie müssen immer wieder eine neue Sau auftun, die Sie durchs Dort treiben können.

Ich frage Sie: Wie realistisch sind diese vier Szenarien? Vor allem: Wie machen Sie der Börse klar, dass Sie eigentlich nur am Wochenende richtig Zeit haben für sie?
Unter der Woche fällt es Ihnen schwer, sofort zu reagieren. Es wäre schön, wenn die zickige Diva das berücksichtigen würde.

Der Reality-Check

Ok, verstehe, ich bin vernünftig und fange gleich passiv an.
Da muss ich Sie schon wieder enttäuschen.
Der Passiv-Anleger ist die Krone der Schöpfung. Man wird nicht als Passiv-Anleger geboren, sondern muss sich die Gelassenheit mühsam und mit Umwegen erarbeiten. Schon Boromir wusste Passiv-Anleger

Achtung: Ein passiver Anleger und ein resignierter Anleger sehen sich sehr ähnlich.

  1. Resigniert: Ich check nix und lass mich treiben.
  2. Passiv: Ich bin so souverän, dass ich es aushalte bewusst nichts zu tun.

Sie können nicht einfach anfangen passiv anzulegen. Sie müssen erst die aktive Trial & Error-Phase durchmachen.
Das ist wie mit den Kerlen, die immer brav waren. Studieren, Karriere machen, Frau, Kinder, Haus. Und mit 50 ticken sie dann komplett aus. Lassen sich scheiden und organisieren sich eine Harley und eine Blondine.
Warum? Weil Sie das Gefühl haben, etwas verpasst zu haben.
Genau so so ist es mit dem Passiv-Anlegen. Sie müssen erst mit Ihren eigenen genialen Ideen auf die Nase gefallen sein, bevor Sie die Qualitäten des passiven Anlegens würdigen können.
Sind sie bereit für das passive Investieren, wenn

  • Sie sagen: "Ich muss das nicht mehr haben, diesen Stolz auf die selbst ausgewählte Aktie",
  • Ihr Lebenspartner mault: "Musst Du schon wieder den ganzen Sonntag mit diesem Börsenscheiß verdaddeln?" und Sie finden, dass er oder sie recht hat.

Meine Kronzeugin ist Fräulein Zaster, die auf einmal ganz schwer in ETF macht und sich in den Kommentaren der Warum-Frage stellen muss. Ihre Antwort vom 5. November 2015 um 22:32 Uhr:

"Dieses Aktien-Durchstöber nach dem besten Deal ist sehr zeitaufwendig und nachdem die anfängliche Euphorie verfolgen ist, habe ich da auch nur noch selten Lust darauf."

Eine gewisse amüsierte Abgeklärtheit ist zwingende Voraussetzung für einen erfolgreichen passiven Investor.
Solange das Gefühl: "Und ich hätt’s doch besser hinbekommen!" an Ihnen nagt: Geben Sie ihm nach. Aber nur mit Summen, die Sie nicht ruinieren.

Fazit

Meine Argument gegen aktive Anlagestrategien bringe ich auch vor, wenn meine Töchter nach einem Hund fragen: "Und wer kümmert sich drum?"

Wenn Sie nur hinter dem schnöden Mammon her sind, machen Sie es wie ich: Legen Sie passiv an, kassieren Sie die Marktrendite und lassen Sie es gut sein.
Wenn Sie dagegen Bock auf ‘ne Psycho-Battle haben, legen sie aktiv an. Ist ja auch ein schönes Hobby.

Zur Ehrenrettung der Aktiven: Ich glaube, dass aktives Handeln einen zu einem besseren Menschen machen kann.
Wer ehrlich und hart mit sich ins Gericht geht

  • das war Mist,
  • hier hast du die Selbstkontrolle verloren,
  • da hat der heuristische Affe dich ausgetrickst

kurz, wer die Fähigkeit entwickelt, sich neben sich selbst zu stellen und seine eigenen Handlungen wie ein unbeteiligter Dritter zu beurteilen, profitiert davon mit Sicherheit auch abseits der Börse.

Meine Buchempfehlung

Das Buch zum Thema von Joachim Goldberg und Christin Stock: Genial einfach entscheiden: Besser denken, handeln und investieren im täglichen Entscheidungsdschungel(*)

Weiterlesen


(*)Affiliate-Link: Das Buch wird für Sie nicht teurer, aber ich erhalte eine kleine Provision.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 678