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Channel: Finanzwesir
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Immer schön holistisch bleiben

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Holistisch? Was ist denn das schon wieder?
Besonders die MINT-Leute (Ingenieure und Naturwissenschaftler), aber auch die Buchhaltertypen neigen zu folgender Vorgehensweise: Ich analysiere jeden Baum. Wenn ich dann jeden Baum analysiert habe, habe ich auch den Wald verstanden.
Leider nein.

Der Wald ist mehr als die Summe seiner Bäume. Der Wald ist ein eigener Organismus, den man nur in seiner Gesamtheit verstehen kann.
Genauso ist es mit dem Finanzmarkt. Wenn Sie ein wirklich guter Anleger werden wollen, sollten Sie als erstes das Ziel aufgeben, ein wirklich guter Anleger werden zu wollen. Versuche Sie stattdessen einfach kein schlechter Anleger zu sein.

Wie wird man "kein schlechter Anleger"?

Das ist der Weg

Werden Sie zum Uomo Universale, zum vielseitig und universell interessierten Renaissance Man. Werden Sie

  • Historiker, denn die Wurzeln der Zukunft liegen in der Vergangenheit. Das, was mal war, wird sich sicher nicht eins zu eins wiederholen. Aber es zeigt, wozu die Menschheit schon mal fähig war.
  • Biologe mit Schwerpunkt Verhaltens- und Kognitionswissenschaften. Denn letztlich ist der Mensch doch immer noch der alte Affe. Das biologische Erbe wiegt schwer und bricht sich in Krisensituationen machtvoll Bahn.
  • Ethnologe: Hören Sie auf, Ihre Mitmenschen dauernd darüber zu informieren, dass sie blöd sind. Sie werden sowieso niemanden überzeugen. Hören Sie lieber zu. Die Märkte sind die Summe der Meinungen Ihrer Mitmenschen. Sie müssen diese Meinungen kennen, denn diese Meinungen bestimmen die Kurse. Sitzen Sie wie ein guter Ethnologe da und hören Sie Häuptling Boomer zu. Auch wenn Sie wissen, dass er einem Cargo Cult anhängt.
  • Prozessingenieur: Egal ob Buy & Hold oder Trading - an der Börse gewinnt nur, wer klare Regeln und Prozesse hat.
  • Prozentrechner und Excelist: Die Reichtumsmathematik ist nicht linear. Wir haben keinen intuitiven Sinn für Prozentrechnung und den Zinseszinseffekt. Da muss man schon sehen was in Zelle T69 steht, um es zu glauben.
  • Overhead-Beowulf: Steuern, Jura, der ganze Kram - hilft ja nix, muss auch gemacht werden und oft genug bringt die phantasievolle Paragraphenkombination die Rendite.
  • Seien Sie Querdenker und Verschwörungstheoretiker: Überlegen Sie, wem was nützt und was die Wahrheit hinter der Wahrheit ist. Dann fangen Sie als Excelist das Ganze wieder ein, indem Sie Wahrscheinlichkeiten vergeben. Die Börse belohnt unabhängige Denker, die heute schon da sind, wo der Puck morgen erst hinsausen wird.
  • faustisch: "Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust" - kurzfristig pessimistisch, denn: "Was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen"; langfristig optimistisch, denn "Et hätt noch immer jot jegange". (kölsches Grundgesetz, §3)
  • Müllmann: Entsorgen Sie fröhlich Ihre brillante Strategie von gestern, wenn sich die Faktenlage geändert hat.
  • Stoiker: Ohne eine große Portion Gleichmut hält niemand diesen ratternden Wahnsinn aus, den Mr. Market da inszeniert.
  • Träumer: Wozu wollen Sie die ganze Kohle eigentlich verwenden? Geld anhäufen als Selbstzweck - das wäre doch recht armselig.

Grundsatz

Dinge werden an der Börse nicht deshalb wahr, weil Sie sich ganz doll wünschen, dass sie wahr sind. An der Börse sind Männer Männer und Frauen Frauen und Wasser läuft niemals den Berg hoch.

Das ist nichts für Sie?

Kein Problem. Sparplan auf den MSCI ACWI und fertig.
Aber versuchen Sie nicht den Mittelweg. Sie werden scheitern. Geldanlage macht man ganz oder gar nicht.
Entweder es ist das größte Spiel von allen oder Sparplan.

Benjamin Graham, der Vater des Value-Investings hat über die Mitte folgendes zu sagen:

"Wenn Sie lediglich versuchen, ein wenig mehr Wissen und Cleverness in Ihre Geldanlage einfließen zu lassen, werden Sie möglicherweise feststellen, dass Sie schlechtere Ergebnisse erzielt haben, anstatt ein wenig bessere Ergebnisse als üblich zu erzielen."


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