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Leserfrage: Bausparer als Tagesgeld-Ersatz - gute Idee?

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Leser G. fragt

Ich habe einen alten Bausparvertrag, der nicht bespart wurde. Ich wollte ihn eigentlich kündigen, hatte aber überlegt, ob es nicht sinnvoll wäre, ihn zum Sparen zu verwenden.
Der Sparzinssatz liegt bei 2 %. Ich habe nicht vor, das Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen (zumal der Darlehenszinssatz bei 5,3 % liegt).
Allerdings liegt die Bausparsumme bei nur 25.000 Euro, diese müsste ich auf jeden Fall erhöhen.
Ist das auch nur ansatzweise sinnvoll oder sollte ich für den risikoarmen Investitionsanteil wie bisher auf Tagesgeld und Festgeld setzen?

Der Finanzwesir antwortet

Hm Bausparer, da habe ich so gar keine Ahnung. Deshalb kann ich dazu nur etwas auf der Meta-Ebene sagen:

  1. Bauspar-Verträge haben eine Menge Kleingedrucktes. Das muss man lesen und verstehen.
  2. Bauspar-Verträge sind dafür da, dass man irgendwann das Bauspardarlehen in Anspruch nimmt. So kalkulieren die Bausparkassen.
  3. So wie er jetzt ist, passt der Vertrag nicht. Die Summe soll auf jeden Fall erhöht werden.

Um einen Zinssatz von 2% zu erlangen will G. den Vertrag umschmieden und aufbohren.

Was haben wir an Alternativen?

Aktuell gibt’s Tagesgeld bei seriösen Banken mit belastbarer Einlagensicherung zu einem Prozent, Festgeld zu 1,2 bis 1,5 Prozent (Die kritischen Anleger wissen mehr).
Wir betrachten ein Zinsdelta von 0,5 bis einem Prozent.
25.000 Euro sind zu wenig, vervierfachen wir die Summe auf 100.000 Euro. Ein voll besparter Vertrag würde dann jedes Jahr zwischen 1.000 und 500 Euro mehr abwerfen als Tages- oder Festgeld.

Aufgaben für Leser G.

  1. Um wie viel Geld geht es konkret? Die 100.000 Euro bei maximalem Zinsdelta sind meine Abschätzung nach oben. Wenn es "nur" um 30.000 Euro bei einem Zinsdelta von 0,5% geht, reden wir von 150 Euro pro Jahr, die noch versteuert werden müssen.
  2. Wie gebunden ist das Geld? Entspricht der Bausparer zwei-, drei- oder fünfjährigem Tagesgeld?
  3. Wenn ich das richtig verstehe, sind die 2% fix. Wenn die Zinsen wieder steigen schmilzt das Vorteils-Delta dahin. Wie wahrscheinlich ist dieses Szenario?
  4. Wie wird die Bausparkasse darauf reagieren, wenn der Vertrag als Sparbuch genutzt wird? Gibt es da irgendwelche Fallstricke, wenn das Bauspardarlehen nicht genutzt wird?
  5. Erlaubt die Bausparkasse überhaupt ein Aufstocken?

Wenn alle Karten auf dem Tisch liegen kommt die wirtschaftliche Abwägung: Lohnt sich der Aufwand?

G.s Hauptproblem

Grundsätzlich ist es immer charmant, Dinge zu "hacken", also anders einzusetzen, als es sich der Anbieter vorgestellt hat. Das zeugt von Mut, Intelligenz und Abenteuerlust.
Kreative Lösungen sollte man nicht gleich verwerfen, nur weil sie unkonventionell sind.
Aber in solchen Fällen gilt der Spruch:

Zur Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren gesunden Menschenverstand.

G. muss die Seiten wechseln und die Position der Bausparkasse einnehmen. Für die Bausparkasse ist G. kein listiger Hacker, sondern ein lästiger Blutsauger.
Das Geschäftsmodell der Bausparkassen ist nicht auf eine jahrelange Zinsdürre ausgelegt und wenn die Brunnen versiegen, wird die juristische Abteilung schon mal phantasievoll.
Die FAZ berichtet von einer Bauspar-Kundin, die ein mit 2,5% verzinstes Guthaben von rund 30.000 Euro besitzt und nie die Zuteilung eines Baudarlehens beantragt hat. Diese Frau nutzt ihren Bausparer so, wie G. es auch vor hat. Was tut die Bausparkasse?
Sie schickt der Kundin einen Brief: "Ab sofort werde man für die Bereithaltung des Darlehensanspruchs 2 Prozent im Jahr verlangen." Die Bausparkasse nennt diese Bereitstellungszinsen, die von der Frau gezahlt werden sollen, in ihrem Schreiben "Zinsausgleich".
Tschakka!
Jetzt geht der Tanz los: Widerspruch einlegen, Verbraucherzentrale aufsuchen, Rechtsanwalt konsultieren.

Fazit

Bei jedem Hack müssen Sie sich in die Situation des Gehackten versetzen. Wie wird er reagieren?

  • Ist der Aufwand Ihren Hack zu durchkreuzen größer als der Schaden, wird man Sie gewähren lassen.
  • Bedroht Ihr Hack das Geschäftsmodell der Firma, werden die juristischen Kettenhunde von der Leine gelassen.

Argumente wie:

  • Was ich mache, ist nicht verboten.
  • Es ist nicht rechtens, wenn die Firma einfach die AGB ändert oder mit juristischen Winkelzügen kommt.

sind belanglos. Wenn die Firma Ihr Verhalten als Bedrohung sieht, wird sie alles daran setzen, Sie los zu werden.
Wedeln Sie nicht mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch, sondern denken Sie wie die Typen aus Game of Thrones oder House of Cards.

Die Frage ist: Wie viel Stress können und wollen Sie sich leisten?

Zum Schluss ein Witz:
Ein Italiener und ein Deutscher kommen an die Himmelspforte. Petrus fragt: "Was hat euch hergeführt?"
Der Italiener: "Die Nachbarin - bella donna! Leider kam ihr Ehemann zu früh nach Hause…"
Der Deutsche: "Ich hatte Vorfahrt."


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