Leser S. fragt
Neben meinen Finanzen schaue ich seit neuestem auch auf die von meiner Mutter. Bisher fühlte sie sich von der Vermögensberatung ihrer Bank gut beraten. In letzter Zeit war sie aber mit der Rendite unzufrieden und bat mich, einen Blick in ihr Depot zu werfen. Und der größte Posten war der folgende Fonds: A0MS74
Dies ist ein Dachfonds auf überwiegend Anleihen-ETF, garniert mit Immobilien und Aktien. Wohl wegen der geringeren Risikobereitschaft meiner Mutter ist der Aktienanteil nur bei knapp 18%.
Der Fond hat eine nicht so berauschende Performance, was mich hier aber stört, ist die hohe Verwaltungsgebühr und zusätzlich die Erfolgsbeteiligung, wenn in dem jeweiligen Geschäftsjahr dieser Dachfonds den Vergleichsindex (hier der Euribor, plus 100 Basispunkte) schlägt. Was in den letzten 3 Jahren 2 mal passiert ist.
Mich würde deine persönliche Meinung zu dem Dachfonds interessieren, verkaufen und reinvestieren? Oder aufgrund des bereits investierten Ausgabeaufschlag die Zähne zusammenbeißen und den Fonds halten?
Der Finanzwesir antwortet
Hm, gleich drei Probleme auf einmal.
- Die Finger in Mamas Finanzen.
- Aktiver Fonds mit hohen Kosten.
- Mama wünscht sich mehr Rendite.
Problem 1: Die Finanzen der Verwandtschaft
Nicht einfach und immer emotional. Wenn’s schief geht, bis immer Du schuld. Außerdem neigt man als Kind dazu, seinen Eltern ein Risikokonzept zu verpassen, für das sie 30 Jahre zu alt sind.
Alles Weitere hier: Sohnfrage: Wie führe ich meine Mutter auf den Weg der finanziellen Tugend?
Problem 2: Teurer Fonds
Vor ab ein großes Lob: Du hast die WKN angegeben. Das hilft enorm, denn so kann ich zweifelsfrei sicherstellen, dass wir über den gleichen Fonds reden!
Für die Leser: Die WKN A0MS74 gehört zum Mischfonds "Sparda München Vermögensverwaltung". Dieser Fonds ist ein Exklusivprodukt der Sparda-Bank München in Zusammenarbeit mit der Feri Trust GmbH als Berater und der Monega KAG als Fondsverwaltung. Das Anlageziel wird wie folgt beschrieben:
"Anlageziel ist es, gute Ertrags- und Wachstumsaussichten in einem ausgewogenen Portfolio miteinander zu verbinden. Der Fonds investiert in sämtliche Anlageklassen, wie z.B. Aktienfonds, Rohstoff-Fonds, Immobilienfonds, Rentenfonds oder Alternative Investments, die untereinander gut diversifizierend wirken. Das verbleibende Risiko wird ständig überwacht und das Portfolio aktiv der aktuellen Marktsituation angepasst.
Der Sparda München Vermögensverwaltung gehört zur Kategorie "Mischfonds Aktien+Anleihen/Welt"
Aktuell hält der Fonds
- 55,3% Anleihen
- 17,9% Aktien
- 13,2% Immobilien
- 13,6% Sonstige
Insbesondere unter "Sonstige" kann sich sonst was verbergen, denn der Fonds ist ein "Multi Asset Fonds" und hat laut Verkaufsprospekt "keinen Anlageschwerpunkt". Es darf gekauft werden, was gefällt und was der Gesetzgeber erlaubt und das ist eine Menge.
Zulässig sind Wertpapiere wie Aktien, Anleihen, Genussscheine und Zertifikate. Aber auch Geldmarktinstrumente, Bankguthaben, Derivate und Anteile an anderen Fonds sind ok.
Die Carte blanche sind die sonstigen Investmentvermögen und sonstige Anlageinstrumente. Das ist das Sonstige vom Sonstigen. Wunschkonzert für den Fonds-Manager.
Dieser Bereich ist die "feine Kalbsleberwurst" des Fonds. Da haut man alles an Schlachtabfällen rein, was man noch findet und jagt es einmal durch den Wolf. Ordentlich Gewürz dran, merkt eh keiner, was da drin ist…
Auch Banken haben Abfälle, die sie irgendwie entsorgen müssen.
Die TER beträgt 1,98%, der Ausgabeaufschlag 1,5%.
Der Benchmark-Chart sieht wie folgt aus:
Bei der Wühlerei in den Fondsprospekten ist mir folgendes aufgefallen:
"Wie in diesem Verkaufsprospekt beschrieben, hat die Monega Kapitalanlagegesellschaft mbH die Fondsadministration an die Internationale Kapitalanlagegesellschaft mbH ausgelagert. Die Internationale Kapitalanlagegesellschaft mbH wird folgende Tätigkeiten ab dem 01.11.2015 weiterverlagern…."
Ich würde mal mit meinem Sparda-Berater reden, wer bei diesem Fonds eigentlich jetzt für was verantwortlich ist.
Ebenfalls stutzig gemacht hat mich, dass dieser Fonds auf auf der Sparda-Seite mit keinem Wort erwähnt wird.
Wird das Ding eigentlich noch aktiv verkauft und gemanaged oder ist es ein Zombie, an dem sich der Fonds-Manager-Nachwuchs austoben darf?
Vielleicht haben sich die Sparda, Feri Trust und Monega verzankt und reden nicht mehr miteinander? Der arme Fonds ist zwischen alle Fronten geraten und ist intern nur noch das ungeliebte Stiefkind.
Das sind alles wüste Spekulationen. Aber wäre das mein Fonds, würde ich meinen Berater mal grillen und etwas schriftliches verlangen.
Exkurs Euribor
Besser als der Euribor zu sein ist das Ziel des Fonds-Managements.
Ein Hürdenrennen mit 50 Zentimeter hohen Hürden, das sollte eigentlich jedes Jahr zu schaffen sein.
Klären wir erst einmal: Was ist denn dieser Euribor?
Die Abkürzung Euribor steht für Euro Interbank Offered Rate. Euribor bezeichnet die durchschnittlichen Zinssätze, zu denen viele europäische Banken einander Anleihen in Euro gewähren. Dabei gelten verschiedene Laufzeiten: von einer Woche bis 12 Monate.
Insgesamt gibt es nicht weniger als 8 verschiedene Euribor-Werte.
Welcher ist der Benschmark?
Nehmen wir zu Gunsten der Sparda an, es wäre der 12-Monats-Euribor. Dieser Euribor ist der höchste aller Euribors und liegt aktuell bei 0,045%. Alle anderen Euribors sind negativ. Das bedeutet: Wer sich Geld leiht, bekommt vom Verleiher noch die Zinsen dazu.
Mit anderen Worten: Dieser Benchmark ist eine Farce. Wenn ich einen Geldmarkt-Fonds auflege, kann ich mich am Euribor messen, aber nicht wenn mein Anlageuniversum alles was da kreucht und fleucht umfasst.
Ich kann doch nicht denn armen Euribor als Benchmark zwangsverpflichten, nur weil ich keine Lust habe, mir einen passenden Benchmark zu schnitzen.
Natürlich gibt es für Mischfonds keine Benchmarks von der Stange. Aber dann bin ich als Fonds-Management aufgerufen, einen fairen Benchmark zu konstruieren.
Das natürlich Biotop des Euribors ist der Geldmarkt. Im Dickicht eines Misch-Fonds hat er nichts verloren.
Was tun?
- Klären: Fällt der Fonds unter die Altregelung? Können Verkaufsgewinne steuerfrei vereinnahmt werden?
- Sind überhaupt Verkaufsgewinne vorhanden? Wie hoch sind die?
- Wann halten? Eigentlich nur, wenn es ein Altfonds ist und deine Mutter davon überzeugt ist, dass der Fonds weiter gut performen wird und sie ihren Reibach mit den steuerfreien Kursgewinnen machen wird. Der Fonds muss langjährig so gut performen, dass er die knapp 2% Gebührenbelastung wegsteckt.
- Wann verkaufen? Wenn man die Frage: Würde ich das Ding heute noch mal kaufen mit "nein" beantwortet. Es ist dabei vollkommen egal, was das Ding damals gekostet hat. Passt dieser Fonds noch zu deiner Mutter? Wenn nein => Scheidung!
Punkt 4 kann nur die Mama beantworten. Auch wenn es einem als Sohn schwer fällt, hier nicht rechts zu überholen.
Mütter brauchen ihre Zeit, denken alles gründlich durch. Das sieht von außen entsetzlich trödelig aus, aber für gewöhnlich sind die Entscheidungen dann auch sehr solide.
Das dümmste, was man machen kann:
"Aufgrund des bereits investierten Ausgabeaufschlag die Zähne zusammenbeißen und den Fonds halten."
Wenn das Ding nichts taugt, dann: Sicario!
Was haben wir gelernt?
Niemals wieder Hausmarke!
Nie wieder ein "Exclusiv-Produkt" kaufen. Diese ganzen Sondereditionen sind Murks. Wenn schon aktiver Fonds, dann ein breites marktgängiges Produkt von Firmen wie Pioneer, Magellan oder Fidelity.
Das Hauptproblem: Mama will mehr Rendite
Da stellt sich die Frage: Wo soll die denn herkommen?
"Wohl wegen der geringeren Risikobereitschaft meiner Mutter ist der Aktienanteil nur bei knapp 18%."
90% der Performance eines Depots werden durch die Zusammensetzung der Anlageklassen bestimmt. Hier der Langzeitrendite verschiedener Anlageklassen. Liegt alles im Rahmen.
Renditen für die 40 Jahre von 1970 - 2010
Anlageklasse | jährliche Real-Rendite in % |
---|---|
Aktien Schwellenländer (seit 1988) | 11,5% |
Aktien Industrieländer | 4,2% |
Rohstoffe | 4,6% |
Gold | 4,0% |
Aktien Immobilien Global (REITs) | 3,4% |
Anleihen Eurozone in AAA-Qualität | 4,0% |
Geldmarktzinsen Deutschland | 2,5% |
Ich vermute, dass die Renditen der letzten Jahre für den Unmut von S. Mutter verantwortlich sind.
Der Mensch denkt nicht in Jahrzehnten, sondern schaut sich die Kontoauszüge der letzten ein, zwei, maximal fünf Jahre an und meckert dann rum.
Wertentwicklung verschiedener Assetklassen zwischen 2010 und 2015
- Industrieländer-Aktien haben sich mit einem Plus von knapp 55% prächtig entwickelt.
- Aktien der Schwellenländer schwächeln stark. Minus 20%.
- Gold: Plus minus Null
- Anleihen: Je nach Klasse ein Plus zwischen 10% und 33%.
- Rohstoffe: Voll abgeschronkt, ein Minus von knapp 45%
Ich habe mich bei den Immo-ETFs umgeschaut: Die sehen auch alle nicht so berühmt aus. Verluste um die 5% oder plus minus Null.
Wir erinnern uns, der Sparda-Fonds enthält:
- 55,3% Anleihen
- 17,9% Aktien
- 13,2% Immobilien
- 13,6% Sonstige
Anleihen und Immos machen 68,5% des Fonds aus. Beide waren eher softe Performer. Dazu eine Gebührenbelastung von knapp 2%.
Ja, wo soll denn da die Rendite herkommen? Das ist das klassische Misch-Fonds-Gemurkse. Bei den Kosten immer ganz vorne, aber bei der Performance just gerade auf dem falschen Fuß erwischt.
Auf dem Papier sehen diese Konzepte immer prima aus, aber in der Praxis sind die Manager dann doch keine Hellseher und schichten zu spät oder zu früh um.
Fazit
Was tun?
Die Mutter von Leser S. hat zwei Hebel
- Gebühren runter
- Aktienanteil hoch
Gebühren runter
Das ist einfach.
Entweder wird der Fonds verkauft oder zumindest nicht mehr gekauft.
Diese Maßnahme wirkt sofort und liegt komplett in der Hand von S. Mutter.
Nachteil: Niedrige Gebühren wirken nicht sofort. Nach zehn Jahren zeigt einem der Zinseszins was man gespart hat.
Aktienanteil hoch
Das ist schwer und ein Fall für die Anlagepolitik.
Warum liegt der Aktienanteil bei 18%?
- Weil S. Mutter es nicht besser weiß?
- Weil sie sich damit wohlfühlt?
- Weil sie in ihrem Alter liquide bleiben muss, da sie mit ihrem Vermögen die gesetzliche Rente aufstockt?
Man dreht den Aktienanteil nicht so einfach hoch. Vorher sollte sich S. Mutter darüber klar werden warum sie mehr Rendite will.
- Weil es ihr der Bankverkäufer eingeflüstert hat? Es ist nicht ihre Aufgabe die Vertriebsziele des Bankers zu erreichen.
- Weil eine Bekannte mit ihrem Depot viel mehr Rendite macht? Dann wäre zu prüfen, welche Risiken die Bekannte eingeht und ob S. Mutter das emotional mitgehen kann.
- Weil sie einfach ein bisschen gierig geworden ist? Wenn selbst die Bild-Zeitung Vermögenstipps gibt, kann man schon mal schwach werden. Ich sage nur: Finanz-Pornographie!
Nur um das noch einmal klarzustellen: Eine Aktienquote von 18% ist nichts ehrenrühriges. Mehr Aktien bedeuten auch immer mehr Gehopse im Depot.
Das muss man aushalten. Ohne mentale Vorbereitung die Aktienquote hoch zu drehen, wird ein Desaster.
Mein Vorschlag: Beistift und Papier müssen her und dann wird es Zeit für eine Inventur und die Planung der nächsten Jahre.
Und natürlich für die olle Star-Wars-Nummer: "Prüfe Deine Gefühle!"
Die Rendite-Unzufriedenheit ist das Symptom, aber was sind die Ursachen? Die Antwort auf die Frage "Halten oder Verkaufen" kommt ganz zum Schluss.
Ich kann versprechen: Wenn deine Mutter ihre Hausaufgaben macht, wird diese Entscheidung ihr ganz leicht fallen.
Warum?
Entscheidungen fallen immer dann leicht, wenn man ein Ziel hat und weiß, warum man etwas macht.