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Filmkritik: The Big Short

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Wäre dieser Film nicht aus Hollywood, sondern mit Geld aus der deutschen Filmförderung gedreht, wäre es unerträglicher Schulfunk.
So aber ist es eine rasante, lustige, zynische Erklärbär-Komödie mit dem Prädikat: Unbedingt sehenswert.

Wenn Sie wisse wollen, was die Weltwirtschaftskriese 2007 auslöste: The Big Short liefert die Erklärung.
Der Film beginnt zwei Jahre vor dem Crash. Michael Burry (Christian Bale), ein autistischer Arzt, der mit Scion Capital seinen eigenen Hedgefonds gegründet hat stellt fest: Die verbrieften Hypotheken-Darlehen (CDO = Collateralised Debt Obligation), haben alle ein Top-Rating, aber die Einzelkredite, aus denen der CDO zusammengesetzt ist, sind zum größten Teil im Zahlungsverzug.

Wie geht das zusammen und was sind eigentlich diese verdammten CDOs?

Dieser Frage versucht der Film in den nächsten 130 Minuten zu klären und schickt seine Protagonisten dafür in Strip-Lokale, nach Las Vegas und auf das Set von The Walking Dead.

Nachdem die Situation immer dubioser wird, entschließt sich Fonds-Manager Mark Baum (dargestellt von einem adrenalin- und testosteron-gedopten Steve Carell) Feldforschungen anzustellen und schickt ein Team nach Florida. Einfach mal nachschauen, ob Immo-Verkaufsprospekt und Realität übereinstimmen.
Sie erwarten "blühende Landschaften" und sehen das Set von The Walking Dead. Fast kein Haus bewohnt, Müll auf den Straßen, aber in jedem Pool ein missgelaunter Alligator.
Kein Triple-A-Szenario.

Der Film endet mit dem großen Showdown. Im Frühjahr 2007 steigen die Immobilien-Zinsen und das Kartenhaus bricht zusammen. Bear Stearns wird von JPMorgan Chase & Co. übernommen um eine Insolvenz zu vermeiden, Lehman Brothers ist insolvent und Millionen Amerikaner werden obdachlos und verlieren ihren Arbeitsplatz.

Aber die Wetten von Michael Burry und Mark Baum gehen auf. Ihre Short-Positionen sind Milliarden wert.

Mein Favorit: Ein vollbärtig-zauseliger Brad Pitt (ja, der hat auch eine Wette gegen den Immo-Markt laufen) versucht in einem britischen Pub über eine wackelige Mobilfunk-Verbindung der schweizerischen UBS eine 100 Millionen Dollar Position Shorts zu verkaufen.
Pub Gast 1: "100 Millionen!? Alter, bist du Drogenhändler oder Banker?"
Pub Gast 2: "Wenn du ein Banker bist, verpiß’ dich. Die wollen wir hier nicht haben."

The Big Short ist zwar kein Dokumentarfilm, doch der Wahrheit insoweit verpflichtet, dass er kein Happy-End hat, sondern angemessen zynisch endet.

Der Film ist kein Historienschinken, der längst vergangenes aufarbeitet. Die Banken sind auch 2016 wieder eifrig dabei

  • nicht kreditwürdigen Menschen Geld zu leihen,
  • diese Sub-Prime-Kredite in Anleihen zu verwandeln und unters Anlegervolk zu bringen.

Dieses Mal sind es keine Immobilien-Kredite, sondern unbesicherte Konsumentenkredite, auch bekannt als P2P-Kredite.

"With their low operating costs, minimal regulatory constraints and data-driven models, marketplace lenders are giving borrowers easier access to credit…"
Quelle Morgan Stanley Research

"And the same dynamic that drove the housing market off a cliff (and that very soon will do the same for the subprime auto market) is at play with peer-to-peer loans."
Quelle: Zerohedge

Mit anderen Worten: Die Reinkarnation von 2007 wird - je nach Wirtschaftslage - zwischen 2017 und 2020 erwartet. Man hätte "The Big Short" auch "Täglich grüßt das Murmeltier" nennen können.

Fazit

Besser hätte auch der Finanzwesir die Sub-Prime-Krise nicht erklären können. Deshalb fünf Sterne für eine Komödie mit einem sehr ernsten Kern.
Warten Sie nicht auf die Zweitverwertung auf DVD oder im TV, sondern sehen Sie sich diesen Film jetzt im Kino an.
Lachen und lernen: Dieser Film tut mehr für die finanzielle Bildung, als alle atemlosen Ratgeber-Sendungen des deutschen Fernsehens zusammen.

Trailer "The big short"

Brilliant: Sternekoch Anthony Bourdain erklärt den CDO am Beispiel einer Fischsuppe

PS

Lassen Sie sich nie und unter keinen Umständen eine CDO andrehen. Egal unter welchem Namen sie daherkommt.


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