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Fondsbesteuerung 2018 - eine historische Betrachtung

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Oh! my!! God!!! 2018 kommt die neue Fonds-Besteuerung. Ich bin fertig mit der Welt!!! Was soll ich nur tun?????

  • Soll ich kaufen? Wenn ja: Jetzt oder später?
  • Soll ich noch warten?
  • Soll ich überhaupt noch ETFs kaufen?
  • Hat mein Leben überhaupt noch einen Sinn?

Ein guter Anleger ist eher Historiker als Hellseher, denn

"Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten."
August Bebel - Begründer der deutschen Sozialdemokratie

Deshalb lade ich Sie auf eine Reise in die bundesrepublikanische Vergangenheit ein. Unser Motto: Die Aktien- und Fondsbesteuerung im Wandel der Zeit.

Vor 1977

Ich bin zu jung, um zu wissen, wie Aktien und Fonds vor 1977 besteuert wurden. Das Neuland gibt auch nichts her. Dunkle Jahre damals, alles analog. Was ich herausgefunden habe: Der erste deutsche Aktienfonds heißt Fondak und wurde Ende Oktober des Jahres 1950 gegründet. Den Fonds gibt es bis heute und er investiert in DAX- und MDax-Werte.
Für mich ein klares Zeichen für die Kraft der Kapitalmärkte. Im Oktober 1950 war der zweite Weltkrieg gerade mal fünf Jahre zu Ende. Die Bildersuche zeigt: Es geht aufwärts, aber die Schuttberge sind noch nicht alle weggeräumt.

Ab 1977

Dividenden werden nach dem Anrechnungsverfahren besteuert.
Der steuerpflichtige Ertrag einer Dividendenzahlung setzte sich bei einem inländischen Aktionär zusammen aus

  • der Bardividende (das ist die ausgeschüttete Dividende)
  • und dem anrechenbaren Körperschaftsteuerguthaben (das ist die auf die Gewinnausschüttung bereits von der ausschüttenden Gesellschaft gezahlte Körperschaftsteuer von i.d.R. 30% = 3/7 der Bardividende).

Durch die Körperschaftsteuergutschrift sollte die Doppelbesteuerung ausgeschütteter Gewinne vermieden werden.
Die Bruttodividende war vom Aktionär mit seinem persönlichen Steuersatz zu versteuern. Die von der Gesellschaft gezahlte Körperschaftsteuer und die bei der Ausschüttung der Bardividende einbehaltene Kapitalertragsteuer wurden als Vorauszahlung auf die Einkommensteuerschuld angerechnet.

Kursgewinne waren nach einer sechsmonatigen Haltefrist steuerfrei. Kursgewinne innerhalb der Spekulationsfrist mussten mit dem persönlichen Steuersatz versteuert werden.

Ab 1999

Die Spekulationsfrist für Wertpapiere wurde von sechs auf zwölf Monate erhöht.

Ab 2002 der grundlegende Systemwechsel

Bei der Steuer auf Dividenden und Spekulationsgewinne gilt jetzt das Halbeinkünfteverfahren. Aber nur bei Aktien. Genau genommen gab es das Halbeinkünfteverfahren schon seit dem 1. Januar 2001. Da aber eine Übergangszeit von einem Jahr galt, griff dieses Gesetz bei deutschen Unternehmen erst ab 2002. Einkünfte aus ausländischen Gesellschaften wurden schon ab 2001 nach dem Halbeinkünfteverfahren besteuert.

Dividenden

Dividenden wurden nach dem Halbeinkünfteverfahren besteuert. Das bedeutet, der Aktionär versteuert die Dividendeneinkünfte nur noch zur Hälfte, kann sich aber die (schon zuvor auf 25 Prozent gesenkte) Körperschaftsteuer des Unternehmens nicht mehr gutschreiben lassen.

Kursgewinne

Die Spekulationsfrist betrug zwölf Monate. Wer seine Wertpapiere länger als zwölf Monate hielt, kassierte die Kursgewinne steuerfrei. Wer innerhalb der Spekulationsfrist verkaufte, wurde nach Halbeinkünfteverfahren besteuert. Der halbe Gewinn oder Verlust wurde der Besteuerung zu Grunde gelegt. Es gab aber eine Freigrenze: Spekulationsgewinne von weniger als 512 Euro pro Jahr waren steuerfrei (Ehegatten das Doppelte). Wer sich 512 Euro oder mehr pro Jahr erspekuliert hatte, versteuerte den gesamten Gewinn. Das ist der Unterschied zwischen

  • Freibetrag: Du kriegst X €, alles was darüber hinaus geht muss versteuert werden und
  • Freigrenze: Ab der Summe X bist Du mit allem fällig.

Ungleichbehandlung von Aktien und Fonds

Die Halbierungsregelung galt nicht bei Fondsanteilen, Optionsscheinen oder Anleihen. Wer seinen Aktienfonds während der Spekulationsfrist mit Gewinn verkaufte, musste den Gewinn voll versteuern. Im Gegenzug war es erlaubt auch die vollen Verluste beim Verkauf geltend zu machen.

Ab 2009

Egal ob Fonds oder Aktie: Bei Dividenden, Zinsen und Kursgewinne wird eine Abgeltungssteuer von 25% plus Solidaritätszuschlag (5,5 % der Kapitalertragsteuer) fällig. Macht in Summe 26,375% plus eventueller Kirchensteuer.

Bestandsschutz: Die Kursgewinne von Aktien und Fonds, die vor 2009 gekauft wurden dürfen steuerfrei vereinnahmt werden.

Ab 2018

Der Bestandsschutz fällt. An die Abgeltungssteuer wird eine Teilfreistellung und die Vorabpauschale angeflanscht.

Die Entwicklung des Sparerfreibetrages/Sparerpauschbetrages

Zeitraum Freibetrag pro Person Werbungskostenpauschale Bemerkung
2002–2003 1.550 € 51 € Sparerfreibetrag plus Werbungskostenpauschale
2004–2006 1.370 € 51 € Sparerfreibetrag plus Werbungskostenpauschale
2007–2008 750 € 51 € Sparerfreibetrag plus Werbungskostenpauschale
seit 2009 801 €   Sparer-Pauschbetrag

Was fällt auf

  1. Seit 20 Jahren schraubt der Gesetzgeber konstant an der Wertpapierbesteuerung herum. Ich habe erst den Wechsel auf das Halbeinkünfteverfahren mitgemacht, dann wurde ich abgeltungssteuerpflichtig und nun kommt 2018 die dritte Reform.
  2. Jedes Mal wird Aktiensparen weniger attraktiv.

Was bedeutet das für Buy-Hold-Anleger?

  1. Wer sich selbst einen Anlagehorizont von dreißig Jahren oder mehr bescheinigt, denn dürfen die 2018er-Änderungen nicht weiter stören, denn er wird im Laufe seines Anlegerlebens erleben, wie noch noch mindestens zwei, eher drei bis vier "Gerechtigkeitslücken" vom Gesetzgeber geschlossen werden. Ich würde so alle acht bis zehn Jahre einen größeren Kurswechsel einplanen plus den einen oder anderen Hotfix zwischendurch.
  2. Ich befürchte: Solange Wertpapierbesitz in Deutschland eine Minderheitenveranstaltung ist, wird sich daran nicht viel ändern. Bestes Beispiel: Der SWR füllt seine Sendezeit mit dem Propaganda-Film "Wie Reiche immer reicher werden - die große Geldflut" und behauptet, es sei eine Doku. 45 Minuten Finanzanalphabetismus pur, 45 Minuten "auskömmliche Zinsen als Menschenrecht". Eine klitzekleine Recherche hätte ergeben: Das legendäre Zinsland, in dem die Einhörner lebten, die sich den Feenstaub der Rendite aus der Mähne schüttelten, hat nie existiert. Es war noch nie möglich, als Sparer auf einen grünen Zweig zu kommen.

Was tun?

Nicht optimieren, nicht fragil werden. Wer sein Vermögen auf die aktuelle steuerliche Situation hin optimiert, steht bei jeder steuerlichen Klimaänderung vor den gleichen Problemen wie die Dinosaurier am Ende der Kreidezeit.
Es ist immer das gleiche: Eine Gattung entsteht, wird dominant, die Verhältnisse ändern sich und die Gattung stirbt aus. Da unterscheidet sich der Dino nicht wirklich von der Lebensversicherung.
Das einzige, was unbeeindruckt überlebt ist das unspezialisierte Kroppzeug, das weder schön noch schnell ist, sich aber einfach wegduckt und die Stürme übersteht.
Also das breit diversifizierte kostengünstige Aktiendepot, dem ja auch viele vorwerfen es sei unsexy (stimmt) und würde zum größten Teil nur aus Losern bestehen (stimmt auch). Aber wie bei der Ratte - irgendwie reicht es dann doch zum Überleben.
Ansonsten hilft nur sich politisch zu engagieren und dafür zu sorgen, dass auf 80 Millionen Deutsche nicht nur 45 Millionen PKW und 129 Millionen mobile Endgeräte kommen, sondern auch 80 Millionen Depots.
Solange Wertpapierbesitzer eine kleine und damit lobbyschwache aber wohlhabende Gruppe sind, wird der Staat immer wieder anklopfen um "Gerechtigkeitslücken" zu schließen.
Deshalb aber nicht zu investieren ist auch keine Lösung. Letztendlich läuft es auf Fabel von der Ameise und der Grille hinaus.

Die Ameise hat den ganzen Sommer über gearbeitet und sich einen Vorrat angelegt, die Grille hat munter gefiedelt und es sich gut gehen lassen. Dann kommt der Winter und sie klopft an die Tür der Ameise. Diese weist sie mit den Worten ab: "Auch du hättest dir im Sommer Vorräte anlegen können".
So geht es aus, wenn eine Grille an die Tür einer Ameise klopft. Was aber, wenn eine Grillengruppe die Tür der Ameise eintritt und sich einfach bedient?

Wie wird die Kräfteverteilung in Deutschland in 20 Jahren sein?

  1. Es muss irgendwie für alle reichen. Wer nach 30 Jahren sorgfältiger Pflege ein schönes Depot sein eigen nennt muss trotzdem 95% abgeben, damit auch die, die ein ganzen Leben lang konsumiert haben, nicht unter die Brücke müssen. Ironische Geschichte: 30 Jahre lang haben die Komsumheinis mit ihren Ausgaben die Dividenden für das eigene Depot bezahlt und nun holen sie sich alles wieder.
  2. Jeder trägt die Verantwortung für sein Leben. Wer als finanzieller Analphabet gelebt hat, zahlt im Alter die Zeche. Die einen sammeln Flaschen, die anderen auch. Aber nur weil sie ihre Leidenschaft für Buddelschiffe entdeckt haben.

Wird heutige Verantwortungslosigkeit in der Zukunft belohnt oder bestraft werden?
"On va voir" wie meine Französischlehrerin immer mit maliziösem Lächeln sagte, bevor sie die Klausurbögen austeilte.


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