Quantcast
Channel: Finanzwesir
Viewing all articles
Browse latest Browse all 678

Das große Missverständnis: ETFs sind nicht Buy & Hold

$
0
0

Aufhänger für diesen Artikel:

  1. Eine Leser-Mail, die mich vor einiger Zeit erreichte. Leser B. wollte wissen, warum die ETFs im Rahmen der letzten Kursrückgänge Milliarden-Abflüsse hinnehmen mussten.
  2. Der Morningstar-Artikel "Wenn Dachfondsmanager passive Investments vorziehen".

Manchmal hilft es, wenn man ein Akronym ausschreibt. ETF steht für Exchange Traded Funds, also börsengehandelter Fonds.
ETFs sind viel aktienähnlicher als klassischer Fonds.

  • Klassischer Fonds: Die Fondsgesellschaft stellt einmal am Tag einen Kurs. Anteile kauft man direkt von der Fondsgesellschaft und gibt sie dort auch wieder zurück. Früher machte man das per Brief: "Sehr geehrte Damen und Herrn des Templeton Funds, ich möchte hiermit x Anteile zurückgeben…" Das war Realtime in Slow-Motion.
  • ETF: Verhält sich wie eine Aktie.

ETFs sind etwas für Gewerbliche. Gerd Kommer schätzt in der neusten Augsabe seines Buches "Souverän investieren" den Anteil der privaten Buy & Hold-Privatanleger weltweit auf 5% des ETF-Marktes.
Das bedeutet: Packen Sie Ihre Paranoia wieder ein. Niemand zockt sie ab. Im ETF-Business sind wir Privatanleger ein Rundungsfehler und deshalb nicht abzockenswert.

Wie nutzen Gewerbliche die ETFs?

Firmen wie MSCI oder STOXX bauen Indizes nach den Wünschen der Kapitalanlagegesellschaften wie Blackrock oder der Deutschen Bank. Dachfonds-Manager, Pensionskassen und andere institutionelle Anleger nutzen die ETFs als Fertigbausteine, um ihre aktive Anlagestrategie umzusetzen.
Wer Brasilien als neuen Outperformer sieht, kauft sich nicht mehr mühsam einen Haufen Samba-Aktien ins Depot, sondern ordert einen ETF auf den MSCI Brasilien und ist fertig.
Wie beim Roulette. Sie spielen

  • Plein: Ein Chip auf eine Zahl, entspricht einer Einzelaktie. Bei Gewinn schiebt der Croupier 36 Chips rüber.
  • Carre: Sie setzen auf vier im Nummernfeld angrenzende Zahlen, entspricht dem ETF. Bei Gewinn gibt´s neun Chips. Klar, denn der ETF bringt nur die Marktperformance. Aber dafür ist die Gewinnchance auch höher.

Die Institutionellen schätzen drei Dinge am ETF.

  1. Die Qualität des Index. Natürlich gibt es bei der Gestaltung des Index einen gewissen Spielraum, aber das zugrundeliegende Framework gibt die Grenzen vor.
  2. Die geringen Kosten.
  3. Die Liquidität. Wer eine aktive Anlagestrategie verfolgt, muss schnell kaufen und verkaufen können.

Deshalb die Milliarden-Abflüsse, die Leser B. in seiner Mail ansprach.

Was schätzen Privatanleger an ETFs?

Wir Privatanleger haben das Anlagevehikel ETF eigentlich gekapert. Da uns ein paar Nullen auf dem Konto fehlen, kriegen wir das mit der Diversifikation über einen bunten Strauß einzelner Aktien nicht hin. Mit genügend Geld kann ich mir den MSCI ACWI selbst zusammenkaufen. Ich zahle keine Gebühren und muss mich nicht mit Risiken wie der Wertpapierleihe herumschlagen.
Aber da ich das Geld nicht habe, brauchen ich eine - möglichst billige - Krücke. Das sind die ETFs.
An ihnen schätzen ich - wie die Gewerblichen - die Diversifikation und vor allem die geringen Kosten. Das Feature Liquidität nutze ich aber bewusst nur sehr sparsam. Deshalb sind für viele Privatanleger ETFs das gleiche wie "passive Geldanlage". Das stimmt aber nicht.

ETF ist kein Synonym für Buy & Hold

Man kann mit ETFs Buy & Hold betreiben, man muss es aber nicht. Im Gegenteil, ETFs eigen sich hervorragend dazu, eine aktive Anlagestrategie umzusetzen. Deshalb gibt es ja auch die ganzen Sektoren-, Länder- und Smart-Beta-ETFs.
Wenn ETFs tatsächlich ein Buy & Hold-Vehikel wären, bräuchte man nur die folgenden sechs plus zwei Indizes

Die Basis

  1. ACWI
  2. World
  3. Wahlweise USA oder Nordamerika
  4. Europa
  5. Asien / Pazifik
  6. Schwellenländer

Mögliche Zusätze

  1. Small Cap
  2. Value

Damit lässt sich einwandfreies Buy & Hold betreiben, aber keine aktive Anlagestrategie.
Da sich aber 95% des ETF-Marktes in institutioneller Hand befinden, dominieren die aktiven Anlagestrategien, denn ein Fonds-Manager wird nicht fürs Nichtstun bezahlt. Also tut er was.
Wundern Sie sich nicht, Sie wieder lesen:

  • "ETFs freuen sich über Mittelzuflüsse in ungeahnter Höhe" oder
  • "ETFs leiden unter Mittelabflüssen in ungeahnter Höhe".

Das ist die übliche Börsenhysterie, die auch vor ETFs nicht halt macht.

Fazit

ETFs eignen sich hervorragend für eine passive Buy & Hold-Strategie, obwohl mit Ihnen auch wild gehandelt wird.

Zum Weiterlesen

Was Fondsmanagern wirklich wichtig ist


Viewing all articles
Browse latest Browse all 678