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Corona - der Endboss

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Drei beliebige Schlagzeilen der letzten Tage:

  • Wirtschaft im Taumel: Der Dax verliert sieben Prozent, der Ölpreis fällt um 30 Prozent, der Dow Jones bricht ein.
  • Dieser Absturz ist schlimmer als der Schwarze Montag von 1987. Vor Kurzem waren die Börsen in Jubelstimmung, jetzt herrscht blanke Panik.
  • Coronavirus versetzt Börsen in Panik. Eine Rezession wird nicht mehr ausgeschlossen.

Hoffnung naht:

"Rockmusiker Udo Lindenberg (73) hat die Menschen im Kreis Heinsberg aufgefordert, "coole Socken" zu bleiben. "Schwere See, da müssen wir durch - besonders Ihr im Kreis Heinsberg."

Was jetzt? Verkaufen, Sparplan stoppen oder coole Socke bleiben?
Das ist nicht schwer zu entscheiden: Wann wird verkauft?
Wenn sich die Rahmenbedingungen so geändert haben, dass meine Annahmen nicht mehr stimmen. Dann muss ich unverzüglich verkaufen.

Bevor ich jetzt mit diesem Artikel starte: Sie haben doch sicherlich Ihre Anlagephilosophie schriftlich niedergelegt, so wie ich es immer anrege. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt dieses handgeschriebene Blatt Papier hervorzuholen.
Egal ob bei den Marines oder an der Börse: Unter Stress verwandelt man sich nicht in Bruce Willis und improvisiert sich durch, sondern verfällt in Routinen. Die langweiligsten Videos auf Youtube sind die Feuerwehr-Videos. Hier brennen ein paar Gartenhütten

Das Video beginnt mit: Drei Feuerwehrmänner stehen rum. Dann der Löschtrupp: Bewegt sich gemessen und ruhig. Bei 0:58 wird ein Schlauch verlegt. Zwei Mann rollen den Schlauch aus. Aber leider nicht sehr fotogen. Kein Geschrei, kein Gehetze. Die spulen einfach ein tausendmal geübtes Programm ab. Routine!
Aber, oh Wunder: So kriegen die Jungs den Brand in den Griff. Erfolg durch gepflegte Langeweile.
Mitlesende Feuerwehrmänner, Polizisten und Sanitäter mögen mir verzeihen. Aber ich finde diese aufmerksame Gelassenheit in höchstem Maße vertrauensbildend. Und wenn 30 Autos ineinander verkeilt sind und das Blut aus den Ritzen tropft: Keiner rennt! Niemand improvisiert. Jeder weiß, was zu tun ist.

Und als Kontrastprogramm dann Mr. Dax.

So, für alle, die keinen Notfallplan haben die folgenden Zeilen:

Unter welchen Bedingungen habe ich mein Börsenengagement gestartet?
Es geht um meine Altersvorsorge. Zwei Parameter sind entscheidend:

  1. Der Zeithorizont
  2. Worin bin ich investiert?

Zeithorizont

Der Zeithorizont beträgt mindestens 15 Jahre, eher 20 bis 25 Jahre, im Extremfall sogar 37 Jahre. Was das konkret bedeutet, zeigt die folgende Min/Max-Tabelle

aktuelles Alter Rentenalter Zeithorizont Jahr
52 67 15 Jahre 2035
30 67 37 Jahre 2057

Worin bin ich investiert?

In gut 2.500 Firmen, die ihren Sitz in einem der 23 Industrie- oder einem von 26 Schwellenländern haben. Diese rund 2.500 Firmen beschäftigen - überschlägig gerechnet - gut 40.000.000 Menschen. Zum Vergleich:

"Im Januar 2020 waren rund 44,98 Millionen Erwerbstätige mit Wohnort in Deutschland registriert."
Quelle Statista

Diese Aussage gilt für alle, die breit anlegen. Egal, ob Sie nur eine Zeile (MSCI ACWI oder FTSE All World) im Depot haben, oder das Ganze auf vier Regionen-ETFs verteilen. Treue Leser wissen: Am Ende kommt immer grün und blau raus.

Der Buy&Hold-Glaubenssatz

Wenn alle Berechnungen berechnet sind und alle Kalkulationen kalkuliert und Excel die Puste ausgegangen ist, bleibt uns nur noch der Glaube:

Als Buy&Hold-Anleger habe ich nur einen einzigen Glaubenssatz: Langfristig geht es aufwärts. Als Optimist gehe ich davon aus, dass auch meine Töchter noch blühende Landschaften vorfinden.

Die Prüfung

Wenn wir die Fakten betrachten: Hält unser Glaubenssatz dem Virus statt?

Werden wir 2035 noch unter den Folgen der Corona-Pandemie von 2020 leiden? Ja oder nein?

Wir bedeutet in diesem Zusammenhang: Die Hälfte der Weltbevölkerung. 2018 lebten rund 3,75 Milliarden Menschen entweder in einem Industrie- oder einem Schwellenland.

Für die Jugend: Glauben Sie, dass die heutige Pandemie 2057 noch spürbar ist? Lassen Sie uns den Zeitstrahl mal umdrehen. 2020 plus 37 Jahre und wir landen im Jahr 2057. Wenn wir 37 Jahre abziehen, dann landen wir im Jahr 1983. 1983 ist ein ganz wunderbares Jahr, denn es war ein Annus horribilis. Das war das Jahr an dem die westliche Zivilisation - und besonders Deutschland - der Arsch komplett auf Grundeis ging.

  • Neue Seuche am Start: 6. Juni: Der Spiegel titelt „Tödliche Seuche AIDS: Die rätselhafte Krankheit“.
  • Vaterlandlose Gesellen, respektloser Abschaum (niemand strickt im Bundestag!): Die Grünen ziehen erstmals in den Bundestag ein. Gott, war das damals ein Geheule. Vor allem, als das Pazifistenpack dann auch in den Geheimdienst- und Verteidigungsausschüssen mitmachen wollte.
  • Fast tödlicher Schlag gegen die deutsche Autoindustrie: Die deutsche Bundesregierung beschließt die Einführung von bleifreiem Benzin an den Tankstellen ab dem 1. Januar 1986 und dass alle Neuwagen mit einem Katalysator ausgerüstet sein müssen.
  • Dritter Weltkrieg kurzfristig abgesagt: Oberstleutnant Stanislaw Jewgrafowitsch Petrow, leitender Offizier in der Kommandozentrale der sowjetischen Satellitenüberwachung stuft einen vom System gemeldeten Angriff mit Nuklear-Raketen korrekt als Fehlalarm ein.

Mit anderen Worten: Zombie-Apokalypse pur. War aber nicht mein Problem. In der 11. Klasse ging das Kurssystem los. Und ich fand die Iris echt nett. Trotz des Spiegeltitels vom 6. Juni.

Und was haben wir heute? ‘ne Seuche, vaterlandslose Gesellen, die ins Parlament zu dringen suchen und einen fast tödlichen Elektroschock für die deutsche Automobilindustrie.

Jetzt kommt der Boss-Gegner

Boss gegner

Dieses Mal ist alles anders

Ist es nicht. Menschen bleiben Menschen und reagieren eben, wie Menschen es so tun. "Dieses Mal ist alles anders", ist die Finanz-Inkarnation der einsteinschen Definition von Wahnsinn:

"Immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten."

Wir Menschen tun immer wieder das Gleiche. Dann darf die Krise das auch.
Die Geschichte mag sich nicht wiederholen, aber sie greift gerne auf Bewährtes zurück. Und eine Finanzkrise ist einfach ein erprobtes Pattern. Das nimmt man doch gerne.

Positiv formuliert: Warum wird die Odyssee regelmäßig neu verfilmt? Weil unsere emotionale Ausstattung sich seit Tausenden von Jahren nicht geändert hat. Der Kram ist 2.700 Jahre alt. Aber wir fühlen und fiebern immer noch mit.

Warum sollen ab Corona diese Aussagen nicht mehr gelten?

"In the short run, the market is like a voting machine. But in the long run, the market is like a weighing machine."
— Benjamin Graham, Vater des Value Investing

Ab 1:20: Terrorism was front and center 6 months ago, now corona virus is front and center. Something else will be front and center 6 months from now.

Zum Schluß noch ein bisschen Katzen-Content

Ich habe ein aufmunterndes animiertes GIF vorbereitet.

MSCI World
Quelle

Was sehen wir?

  1. Langfristig geht es aufwärts
  2. Die Dotcom- und Subprime-Canyons sind tief. Da hat Corona noch Fallhöhe.
  3. 1989: Die zweitgrößte Volkswirtschaft bricht zusammen. Die japanische Immoblase platzt, der Nikkei 225 bricht binnen eines Jahres um über 40 Prozent ein. Die Auswirkungen auf den MSCI World: Gering. War das damals ein Crash der Corona-Klasse oder steht 2020 ein ganz anderer Boss-Gegner im Ring?

Die Komponenten des Weltportfolios

Komponenten
Quelle MSCI, Net-Variante in US$ 31.3.2001 - 11.3.2020

So sah es aus in den letzten 19 Jahren. Die Subprime-Krise ist gut erkennbar, aber kann mir noch jemand (ohne googlen!) sagen, warum

  • der Schwellenland-Index zwischen dem 31.1.2018 und dem 31.10.2018 von 400,65 auf 305,27 Punkte gefallen ist. Was hat das Minus von knapp 25 % verursacht?
  • der MSCI USA zwischen dem 31.8.2018 (251,27 Punkte) und dem 31.12.2018 (216,47 Punkte) um knapp 14 % gefallen ist?

Leiden Sie immer noch unter den Verlusten von damals? Womöglich, weil Sie verkauft haben?

Das tun

Folgen Sie Epiktet, Mark Aurel, Seneca oder einem der anderen großen Stoiker.

"Denke lieber an das, was du hast, als an das, was dir fehlt! Suche von den Dingen, die du hast, die besten aus und bedenke dann, wie eifrig du nach ihnen gesucht haben würdest, wenn du sie nicht hättest."
— Mark Aurel

Vernunftbedingte Gelassenheit ist die oberste Tugend des Stoikers.

Der rheinische Stoizismus des Finanzwesirs lässt sich grob so zusammenfassen

  1. Shit happens
  2. Kehre vor Deiner eigenen Tür. Kümmere Dich um das, was Du beeinflussen kannst.
  3. Ertrage den Rest.
  4. Halte Dich fern von solchen Screenshots

Corona Bild

Das nicht tun

User kosto1929 auf Wallstreet Online

Am 11.1.2020

"Ich kann bei einem Crash noch gut schlafen, denn ich brauche das angelegte Kapital nicht zum Leben."

55 Tage später, am 6.3.2020

"Ich habe vorsorglich alles glattgestellt. Der Verlust beträgt mehr als 10%."

The Real Kosto sagt dazu:

"Wer die Aktie nicht hat, wenn sie fällt, hat sie auch nicht, wenn sie steigt."
— André Kostolany

"Das Gefährlichste an der Börse ist die Überraschung. Dabei können nur die wenigsten Börsianer ihre Ruhe und Objektivität bewahren. Meistens ist die Ursache eines Börsenkrachs nicht objektive Überlegung, sondern ein massenpsychologisches Phänomen. Einer entdeckt irgendein Problem, so klein es auch sein mag, und das verbreitet sich wie ein Lauffeuer."
— André Kostolany

Und Warren Buffet fragt:

"The real question is: Has the 10-year or 20-year outlook for American businesses changed in the last 24 hours or 48 hours?"
Quelle

Wie beantworten Sie diese Frage?

Ich habe mich für die Strategie "kühle Fußbekleidung" entschieden.


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