Heute machen wir das mal anders. Ein Leser fragt und Sie antworten.
Leser J. hat mir geschrieben:
Wie kriegt man seine Kinder dazu, sich für Geld zu interessieren? Meine Kinder werden so langsam zu Teenagern und ich habe noch keine Langzeiterfahrungen.
Gibt es in der Vita eines 25-Jährigen, nennen wir ihn X, ein Schlüsselerlebnis, das ihn für das Thema Geld und Geldanlage sensibilisiert hat?
Und zwar so, dass er eben nicht das Gefühl hat auf seine Eltern zu hören?
Für mich kam dieser Zeitpunkt erst sehr spät und ich frage mich, wie man das bei seinen eigenen Kindern verhindern kann.
Die größte Herausforderung dabei ist sicherlich, dass Kinder selten das tun, was man ihnen sagt.
Irgendwelche Tricks?
Für mich persönlich war die größte Bremse, dass das Thema immer als "Altersversorge" etikettiert war, und wer denkt mit 25 schon, dass er alt wird?
Vielleicht sollte man das Wort "Altersvorsorge" abschaffen und durch "Kohle scheffeln" ersetzen, denn das scheint ja mit dem Zauberfaktor "Zeit" durchaus möglich zu sein.
Der Finanzwesir macht den Anfang und antwortet als Betroffener und als Vater
Als ich mit 20 von zu Hause ausgezogen bin, hat meine Mutter mir ein Postgiro-Konto verpasst. Den Zivi-Sold gab’s bar auf die Kralle und der wurde auf’s Postsparbuch eingezahlt.
Wenn genug Geld zusammen war, wurden Bundesschatzbriefe angeschafft. Natürlich immer Typ B, denn der war thesaurierend und es gab da immer ein bisschen mehr Zinsen. So hat’s die Mama erklärt.
Kombiniert mit meinem Unwillen viele materielle Güter anzuhäufen, war das eine solide Basis.
Geld war nie ein Thema. Es war einfach immer genug da. Ich habe für diesen Artikel mal meine alten Haushaltsbüchlein heraus gekramt. 10.000 DM waren das Jahresbudget -inklusive 6 Wochen Indonesien/Malaysia/Singapur!
Ich bin heute der Finanzwesir, weil meine Eltern damals vor 45 Jahren das Fundament gelegt haben. Ich wirtschafte so, wie ich es bei meinen Eltern gesehen habe. In meinem Fall fiel der Apfel nicht weit vom Stamm.
Fast forward 30 Jahre
Als Vater lebe ich meinen Töchter das mit dem Geld so vor, wie es mir meine Eltern vorgelebt haben. Sie sehen, dass wir in der Familie nicht für jeden Mist Geld raus werfen. Sie sehen, dass ich beim Wochenendeinkauf differenziere
- Salz, Mehl Zucker: Papa bückt sich und kramt die Billigmarke ganz unten aus dem Regal.
- Milch, Joghurt, Müsli, Obst und Gemüse: Hausmarke, Preis ist wichtig, aber nicht das einzige Kriterium, Sonderangebote werden beachtet
- Fleisch, Wurst: Bio, Preis egal. Eher wird die Menge reduziert.
Der Erziehungsauftrag wird dezent und listig eingeflochten: Warum ist die Billigmarke ganz unten im Regal, warum machen die jetzt hier so eine Rabatt-Aktion…
Manchmal auch eher Brechstange: Warum stehen die ganzen wirklich tollen Sachen vor der Kasse: "Die machen das absichtlich, damit du mich anjaulst." Das gibt pikierte Blicke von Kind und Personal. Aber dann ist Ruhe.
Soweit zum Punkt "Mit Geld umgehen."
Was das Thema Investieren angeht, bin ich natürlich privilegiert. Wenn die Kinder fragen: "Was hast Du heute gebloggt?" gibt’s einen Investment-Crashkurs.
Ganz wichtig: Immer die Tom-Sawyer-Methode anwenden (sie wissen schon, die Nummer mit dem Zaun). Also kurz und knapp antworten und anmerken, dass man das jetzt eher mit der Mama besprechen würde.
Ah, Erwachsenenthema!
Zack sitzen sie da wie eine Eins und wollen alles wissen.
Altersvorsorge ist nie ein Thema. Überhaupt präsentiere ich das Thema nie in irgendeiner Weise nutzwertig, sondern immer als intellektuell spannenden Forschungsgegenstand.
Papa, was ist eine Aktie?
Mitbesitz an einer Firma.
Was passiert, wenn die Firma pleite geht?
Die Aktie ist nichts mehr wert.
Das ist aber doof.
Ja, was könnte man dagegen tun?
Keine Aktie mehr kaufen.
Stimmt, aber Aktien bringen echt mehr Geld ein, als Geld auf dem Konto. Kann man da nicht was anderes tun?
Kind überlegt ein bisschen, denkt hin und her, kommt nicht recht weiter.
Papa sagt: Kann ich mal die Butter haben und übrigens, kennst du das Sprichwort: Nicht alle Eier in einen Korb legen?
Kind erklärt das Sprichwort, die Diskussion schweift ab: Sind eigentlich weiße Eier leckerer oder die braunen?
Vater total listig: Kauf doch beide.
Kind überlegt und findet das gut, weil: Dann hat man Auswahl.
Vater regt an, dass man das doch auch mit Aktien machen könne.
So geht das dann dahin und irgendwann ist man beim ETF.
Dann ist aber Schluss, denn das Kind will jetzt Netflix schauen.
Zwei Tage sagt das Kind unvermittelt beim Einpacken des Schulbrotes: "Wenn ich groß bin, will ich auch die Universal-Aktie haben."
Hä? Universal-Aktie, nie gehört.
Doch Papa, da haben wir doch beim Abendessen drüber gesprochen: "Die Aktie in der alles drin ist."
Ach so, du meinst einen ETF.
Sag ich doch, die Universal-Aktie.
So, und dann haben diese Themen auch wieder Ruhe, bis das Kind eigenes Geld verdient. Ich bin nicht der Meinung, man müsse die Generation Y für Gelddinge begeistern. Die sollen erst einmal die Welt erobern.
Sorry, aber ein 18jähriger, der seine Rente plant, macht mir eher Angst.
Dieses penetrante "Du musst vorsorgen" der Eltern ist sicher gut gemeint, aber mega nervig.
Dafür
- Reflektierend einkaufen. Der Pulli von C&A hält Dich genau so warm, wie der Kittel von Superdry, aber damit kannst Du Dich in Deiner Klasse nicht blicken lassen. Wir kaufen hier kein Bekleidungsstück, sondern Sozialprestige. Das ist ok, aber sieh’ zu, dass du dieses Verhalten nach der Pubertät ablegst.
- Nie Kredit geben. Das Taschengeld ist ausgegeben, aber es stehen noch Ausgaben an? Dumm gelaufen, aber der "blödeste Papa der Welt" rückt keinen Cent heraus. Geld ist endlich. Verdien’ dir welches, wenn es dir nicht reicht.
- Geld als praktischen Treibstoff für das tägliche Leben darstellen. Den Kindern vorleben: Geld ist kein Fetisch. Aber es ist gut, wenn genug im Haus ist.
- Medienkompetenz trainieren. Bissige Kommentare machen, wenn mal wieder wirres Zeug gedruckt oder gesendet wird.
- Nichts ist schwierig. Alles lässt sich mit genügend Zeit und Forschergeist auseinander nehmen, auch wenn Dr. Fox etwas anderes behauptet.
Dagegen
- Über konkrete Produkte sprechen. Dafür ist es viel zu früh.
- Dem Kind mit dem Zeigefinder vorm Gesicht herumfuchteln. Auch wenn ich den Spruch auf den Tod nicht ab kann, muss ich ihn hier jetzt doch mal anbringen: "Chill mal Papa!"
Noch mal Leser J:
"Meine Kinder werden so langsam zu Teenagern…
Gibt es in der Vita eines 25-Jährigen…
Zwischen Teenagern und 25-Jährigen liegen Welten.
Lassen Sie die Teenies erst mal in Ruhe Amok laufen. Auch wenn man es kaum glauben mag: Sobald die eine zwei vorne haben, werden die meisten ganz manierlich. Das sind meine Langzeiterfahrungen (eigene Kinder & Kinder von Freunden und Bekannten).
Mit 25 ist man doch heute Berufsanfänger. Das sind junge Erwachsene, die man ihr eigenes Leben leben lassen muss. Wenn Sie in den ersten Jahren ein entsprechendes Vorbild gewesen sind, wird das schon klappen.
An das Konzept "Schlüsselerlebnis" glaube ich in diesem Zusammenhang weniger, eher an "steter Tropfen höhlt den Stein".
Im übrigen ist seit 5.000 Jahren bekannt:
"Die Jugend achtet das Alter nicht mehr, zeigt bewusst ein ungepflegtes Aussehen, sinnt auf Umsturz, zeigt keine Lernbereitschaft und ist ablehnend gegen übernommene Werte."
(3000 v. Chr., Tontafel der Sumerer).
So, und jetzt sind Sie dran
- Sind Väter und Mütter unter uns? Wie halten Sie es mit der Finanzbildung Ihrer Kinder? Irgendwelche Tricks auf Lager für Leser J.?
- Leser und Leserinnen unter 30: Erinnern Sie sich noch daran, was Ihre Eltern für Ihre Finanzbildung getan haben? Zu viel, zu wenig, zu nervig, gerade richtig?
Bitte fleißig kommentieren.