Wie allgemein bekannt ist, bin ich eher oldschool was Geldanlagen angeht. Mit Crowdfunding, P2P habe ich mich nie so richtig anfreunden können. Aber das ist belanglos, denn in der Tradition des literarischen Salons ist jedes interessante Thema willkommen.
Deshalb freue ich mich sehr, dass Tamo Zwinge - einer der beiden Companisto-Gründer - sich die Zeit genommen hat meine garstigen Fragen zu beantworten.
Danke Tamo Zwinge.
Die Chefs
Eine Firma wird maßgeblich durch die Ansichten der Chefs bestimmt. Deshalb: Einige Worte über Sie. Was haben Sie vor Companisto gemacht und inwieweit qualifiziert Sie das für die Gründung einer Crowdfunding-Plattform?
Tamo Zwinge: Bevor ich Companisto 2012 gegründet und seit dem als Geschäftsführer geleitet habe, war ich mehrere Jahre als Rechtsanwalt in der internationalen Großkanzlei CMS Hasche Sigle im Bereich Gesellschaftsrecht, Unternehmenstransaktionen und Private Clients tätig. Aufgrund meiner Kompetenzen verantworte ich im Besonderen die rechtliche Ausgestaltung von Companisto und die stetige Optimierung des Companisto-Modells auf Anschlussfinanzierungen durch Venture Capital-Gesellschaften.
David Rhotert ist der zweite Mitgründer von Companisto. Er hat sich als selbständiger Rechtsanwalt auf die Beratung von Startups spezialisiert. Er hat an der Freien Universität Berlin Rechtswissenschaften studiert, arbeitete beim Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages, um im Anschluss für einige Zeit in der Rechtsabteilung eines deutschen Großkonzerns in Peking tätig zu sein. Zusammen mit David Rhotert habe ich 2001 das Berliner Startup „Partycard“ gegründet und dieses bis zum Beteiligungsverkauf im Jahr 2005 geleitet.
Ich habe an der Freien Universität Berlin Rechtswissenschaften studiert und absolvierte mein Referendariat in Berlin und Pretoria, Südafrika. Anschließend erwarb ich einen Master of Laws (LL.M.) im Commercial Law mit den Schwerpunkten International Company and Capital Markets Law, Corporate Governance und International Sales and Finance an der University of Auckland, Neuseeland. Ich habe international, unter anderem in den USA und England, zu Corporate Governance-Themen veröffentlicht.
Sehr gute Ideen, Innovationen voranzubringen und vielversprechende Gründerteams den Weg zubereiten ist unsere Leidenschaft. So ist die Vision, die wir mit der Crowdinvesting-Plattform Companisto umsetzen, der logische Schluss. Großartiger Weise profitieren auch noch eine Vielzahl von Menschen davon – die Companisten.
Der Firmensteckbrief
Companisto ist eine führende Crowdinvesting-Plattform in Europa. Wir ermöglichen Investoren, in vielversprechende Wachstumsunternehmen und Startups zu investieren. Unser Anspruch an uns ist es dabei, nur höchste Qualität zu bieten. Bewusst setzen wir dabei auf Klasse statt Masse und konzentrieren uns auf ausgewählte Investmentchancen, die sich auf Companisto den Investoren präsentieren. Hierfür arbeiten wir mit einer Reihe von renommierten Business Angels, Corporate Finance Spezialisten und Venture Capital-Gesellschaften zusammen.
Wie viele Firmen wurden bis jetzt finanziert? Mit welchem Volumen in Summe, pro Firma (von, bis)? Aus welchen Branchen?
Tamo Zwinge: Bisher wurden 78 Firmen mit einem Gesamtvolumen von rund 46 Millionen Euro finanziert (Stand: 31.12.2017).
Die Größe der Finanzierungen variiert deutlich. Etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen sammelt zwischen 100.000 und 300.000 Euro ein.
Rund ein Drittel der bisherigen Finanzierungsrunden liegt zwischen 300.000 Euro und 1 Million Euro.
15 Prozent der bei uns finanzierten Unternehmen konnten mehr als 1 Million Euro von der Crowd einsammeln.
Die finanzierten Unternehmen stammen aus fast allen Wirtschaftsbereichen. Besonders häufig vertreten sind Handel & E-Commerce (19 Prozent), industrielle Technologie & Hardware (15 Prozent), Narhungsmittel (15 Prozent), Software-as-a-Service (12 Prozent) und Mobile & Web Applications (9 Prozent).
Wie viele Leute arbeiten bei Companisto?
Tamo Zwinge: Derzeit arbeiten 31 Leute bei Companisto.
Wann gegründet?
Tamo Zwinge: 2012
Warum gegründet? Selbst kein Geld bekommen über die traditionellen Kanäle für eine vorherige Gründung?
Tamo Zwinge: Companisto ist unsere zweite Gründung. Tatsächlich haben wir bei unserer ersten Gründung "Partycard", einem Rabattsystem für Club- und Bargänger, kein Kapital über die klassischen Kanäle bekommen. Unsere Bank wollte Sicherheiten sehen, die wir damals nicht vorweisen konnten. Wir konnten die "Partycard" dank finanzieller Unterstützung von Freunden und Familie trotzdem ins Leben rufen und zum Erfolg machen.
Der frustrierende Moment der Kapitalsuche blieb uns im Gedächtnis – so entstand die Idee zu Companisto. Wir wollten, dass es für Gründer bei der Suche nach Startkapital zu nur noch darauf ankommt, ob ihre Geschäftsidee und ihr Produkt gut genug sind und nicht mehr darauf, welche Beziehungen und Netzwerke sie haben.
Geschäftsmodell? Womit verdient Companisto sein Geld?
Tamo Zwinge: Wir verdienen dann Geld, wenn Startups bei uns Geld einsammeln, durch eine Provision auf das eingesammelte Kapital. Außerdem profitieren wir, wenn unsere Investoren profitieren.
Dann erhalten wir eine Carry-Fee auf ausgezahlte Gewinne. Entsprechend sind wir bemüht die Startups und Gründungsideen zu unterstützen, die wirklich eine Chance am Markt haben.
Der Anleger
Wenn ich die Web-Site aufrufe stellt sich Companisto mit den Worten vor:
"Companisto ist eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten mit Pioniergeist, die es sich zum Ziel gemacht haben, Innovationen den Weg zu bereiten. Im Erfolgsfall erzielen sie mit ihren Investitionen in Startups eine Rendite."
Die Reihung der Schlüsselwörter gibt mir zu denken
- Gemeinschaft von Gleichgesinnten
- Pioniergeist
- Innovation
- Erfolgsfall
- Rendite
Wie muss ich mir den typischen Anleger vorstellen?
Tamo Zwinge: Diese Frage hat uns auch interessiert, deshalb haben wir 2017 eine Erhebung dazu gemacht.
Der typische Crowdinvestor auf Companisto ist männlich, Ende vierzig, angestellt oder selbstständig, verfügt über ein hohes Einkommen und besitzt bereits Investmenterfahrung.
Laut unserer Investorenbefragung verfügen die meisten Investoren über ein jährliches Nettohaushaltseinkommen zwischen 50.000 und 120.000 Euro. Mehr als zwei Drittel der befragten Investoren gaben an, langjährig und regelmäßig zu investieren, vor allem in Aktien, Fonds und ETFs.
Ist Crowdfunding einer der letzten Männerspielplätze? An der Börse mit Stockpicking und Markttiming gescheitert. Jetzt soll die coole Crowd das Ego wieder aufrichten.
Tamo Zwinge: Diese Beschreibung ist mir deutlich zu stereotyp. Der Wunsch nach einem Investitionserfolg steht aber im Mittelpunkt. Viele unserer Investoren haben aber neben dem Businesscase durchaus weitere Motivationen.
Eine ganz wichtige Motivation ist der Wunsch, gute Ideen bereits früh zu unterstützen. Dafür treten wir selbst ja auch an. Um auf den Männerspielplatz zurückzukommen, tatsächlich dominieren Männer mit über 80 Prozent das Geschäft.
Wir freuen uns, dass wir immer mehr Frauen für Crowdinvesting begeistern können und das auch die Zahl der Gründerinnen zunimmt. Da ist aber noch Luft nach oben, vielleicht können wir hier ja noch einige von Companisto begeistern.
Wie viel Romantik ist eigentlich auf Seiten der Anleger dabei? Wollen die wirklich Rendite oder eher Sozialprestige? Dann hat man was zu erzählen beim Grillen.
Tamo Zwinge: Wie eben schon gesagt, Rendite ist unseren Investoren wichtig. Unser Angebot beinhaltet deshalb auch immer Aussagen zu Renditeerwartungen. Aber das ist anders als bei anderen Anlageformen nicht der einzige Grund.
Unsere Investorenbefragung hat ergeben, dass selbst bei Teilverlust ihres Kapitals, knapp ein Viertel der Investoren das Investment trotzdem als Teilerfolg betrachtet, wenn das Startup ein neues Produkt am Markt etablieren konnte. Sie nennen das Romantik, wir selbst betrachten es eher als Entscheidungen aus Überzeugung von der jeweiligen Idee.
Welche Summen werden investiert (pro Firma und in der Summe)?
Tamo Zwinge: Auf die totalen Summen sind wir ja bereits drauf eingegangen. Die individuellen Investments liegen zwischen 100 €, unserem Mindestbetrag, und 10.000 €, die in unserem Investitionsmodell den Höchstbetrag je Unternehmensinvestition bedeuten. Das mittlere Investment liegt bei rund 600 € pro Investor und Unternehmen.
Diversifikation: In wie viele Firmen investiert ein Anleger (von, bis und durchschnittlich)?
Tamo Zwinge: Unser Angebot ist selbst bereits Bestandteil von Diversifikationsstrategien. So nimmt Crowdinvesting bei unseren Investoren im Mittel einen Anteil von 16 Prozent der Gesamtinvestitionen ein. Durchschnittlich verteilt sich dieses Investment dann auf etwas mehr als drei bei uns finanzierte Startups.
Die Gründer
Aus welchen Gründen entscheiden sich Firmengründer für den Weg über Companisto? Welche Vorteile im Vergleich zum klassischen Weg Family & Friends, Angel, VC haben sie davon?
Tamo Zwinge: Zum einen sind die Marketing-Effekte für Unternehmen aus dem B2B-Bereich interessant, denn jeder Investor ist zugleich potenzieller Kunde und Markenbotschafter. Aber auch immer mehr B2C-Unternehmen werden bei uns finanziert. Wir können durch unsere Geschwindigkeit punkten, denn im Gegensatz zu einem VC brauchen wir nicht Monate für die Entscheidung. Im besten Fall vergehen bei uns nur rund 12 Wochen von Kontaktaufnahme bis zur Auszahlung der ersten Gelder.
Ich war nie Startup-Gründer, habe aber in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts als Produkt-Chef Yahoo! Deutschland aus dem Boden gestampft. Auch ohne die zusätzliche Verantwortung eines Gründers hatten wir alle Hände voll zu tun.
Dazu noch irgendwelche Kleininvestoren die 500 € anlegen und sich aufführen wie Graf Koks vom Gaswerk transparent und zeitnah mit Infos zu versorgen? Nee, muss nich’!
Tamo Zwinge: Ein Vorteil von Crowdinvesting gegenüber VC-Finanzierungen ist, dass die Gründer bei uns niemanden haben, der ihnen ins operative Geschäft reinredet. Die Crowdinvestoren beteiligen sich über partiarische Darlehen. Diese sind zwar dem Eigenkapital ähnlich, jedoch nicht mit einem Mitspracherecht verbunden. Das hält den Cap Table für Gründer übersichtlich.
Die Crowdinvestoren werden dann von uns gepoolt, so dass sich das Unternehmen nicht mit Hunderten Investoren einzeln auseinandersetzen muss. Nur im Fall von Vertragsänderungen oder Kaufangeboten müssen die Crowdinvestoren befragt werden. Hierbei reicht jedoch der Mehrheitsentscheid aus. Die Abstimmungen organisieren wir über unsere Plattform. Also keine Gefahr für Gründer, sich Graf Koks vom Gaswerk ins Boot zu holen ;)
Gedanken vor dem Investment
Kuratierung: Wie wählt Companisto die Firmen aus, die auf die Plattform dürfen?
Tamo Zwinge: Bei der Auswahl der Startups setzen wir auf Klasse statt Masse. Unternehmen durchlaufen bei uns einen fest definierten Prozess. Von 100 Unternehmen, die gerne bei uns auf die Plattform wollen, schafft es am Ende meist nur eins.
Dazu müssen unsere Investmentmanager von der Idee überzeugt werden, die Zahlen plausibel sein und das Unternehmen wird einer Prüfung unterzogen. Dabei ziehen wir je nach Komplexität des Produkts auch einmal Experten aus unserem Netzwerk zu Rate.
Erst dann kommt es zu einem Vertragsabschluss. Tiefere Einblicke in den Auswahlprozess gibt unser Head of Investment in diesem Interview.
Welche Arten des Investments gibt es? Wie sieht das Vertragswerk hier aus?
Tamo Zwinge: Wir haben derzeit drei verschiedene Investment-Angebote. Bei allen wird über patriarchische Nachrangdarlehen investiert.
Zunächst gibt es die klassischen Startup-Beteiligungen, die immer noch die große Mehrheit der Angebote ausmachen. Sie sind mit einer Gewinn- und Exit-Beteiligung verknüpft sind. Sollte das Startup in Zukunft also Gewinne erwirtschaften oder verkauft werden, partizipieren die Investoren entsprechend ihrer Beteiligungshöhe daran. Die Mindestlaufzeit beträgt hierbei 8 Jahre. Bei den Gewinn- und Exit-Beteiligungen handelt es sich jedoch um Lifetime-Beteiligungen, so dass Investoren ein Leben lang von den Erlösen profitieren können, wenn sie dies wünschen.
Das zweite Modell ist das Venture Loan. Dabei handelt es sich um ein festverzinstes Darlehen für ein Wachstumsunternehmen. Das sind nach unserer Definition Unternehmen, die über einen längeren Zeitraum stabile Umsätze jenseits der 500.000 Euro pro Jahr aufweisen. Sie benötigen Kapital zur Expansion und bieten im Gegenzug eine jährliche Festverzinsung von 8 Prozent, die halbjährlich ausgezahlt wird. Die Laufzeit liegt hier nur bei 3-4 Jahren. Ein Beispiel hierfür wäre Sawade, die älteste Pralinenmanufaktur Berlins.
Das dritte Angebot ist das Impact Loan. Damit wollen wir Social Entrepreneure fördern, die ein gesellschaftliches Problem auf wirtschaftliche Weise lösen möchten. Impact Investing lautet hier das Schlüsselwort. Die Konditionen sind deckungsgleich mit dem Venture Loan, also 8 Prozent Festverzinsung und 3-4 Jahre Laufzeit.
Was das Vertragswerk betrifft: Unsere Verträge beschreiben dabei sehr präzise alle Rechte und Pflichten der Startups, aber auch der Investoren. Die Investoren haben so das Recht auf ein Reporting pro Quartal sowie aktualisierte Finanzdaten und den Jahresabschluss.
Dafür unterliegen sie aber auch der Verschwiegenheit über diese Unternehmensinterna. Insgesamt haben wir uns bemüht, die Verträge so auszugestalten, dass sie einer Eigenkapital-Beteiligung möglichst nahe kommen. Wir arbeiten ständig daran, das Vertragswerk weiterzuentwickeln, um Crowdinvesting für Investoren und Startups attraktiver zu gestalten.
Wie lange ist das Kapital gebunden? Gibt es einen Zweitmarkt, der für Liquidität sorgt?
Tamo Zwinge: Das Kapital ist vertraglich über 8 Jahre gebunden. Es gibt bisher keinen regulierten Zweitmarkt für diese Beteiligungen. Das hat vor allem juristische Hintergründe, denn anders als beispielsweise in Großbritannien, ist es in Deutschland sehr schwierig GmbH- und UG-Anteile zu handeln. Das ist vom Gesetzgeber nicht gewollt. Der will bei kleinen Unternehmen ein gewisses "Commitment" der Investoren sehen.
Bürokratische Hürde Kleinanlegerregelung
Schützt die Drosselung der Einzelinvestments auf maximal 10.000 Euro den Anleger oder schadet sie ihm? Ich sehe die folgenden Probleme:
Meine Renditechancen werden geschmälert. Nicht prozentual, aber absolut. 25% von 10.000 € sind nun mal nur halb so viel wie 25% von 20.000 €.
Tamo Zwinge: Grundsätzlich ist diese Betrachtung richtig. An unserem mittleren Investmentvolumen ist jedoch bereits erkennbar, dass sich diese Frage für die meisten unserer Investoren in dieser Form nicht stellt.
Es ist ein guter Kompromiss, wenn man sich an jungen, erfolgversprechenden Unternehmen beteiligen möchte, aber eben eher mit kleineren Beträgen agieren möchte. Wer mehr als 10.000 € investieren möchte, der kann dies bei uns über eine Investmentgesellschaft tun. Wir haben auch Angels unter unseren Investoren, die so größere Beträge in Startups investieren.
Wer zahlt, bestimmt die Musik. Wenn der Gesetzgeber mir nur Kleckerlesbeträge erlaubt, wird das nichts mit der Einflussnahme.
Tamo Zwinge: Wer wirklich Einfluss über das Unternehmen erlangen möchte, der ist mit Crowdinvesting an der falschen Stelle.
Sowohl bei der Höhe der Investments, als auch bei der Grundidee dieser Finanzierungsform. Da bieten sich andere Modelle, wie beispielsweise direkte Unternehmensbeteiligungen mehr an.
Die sind dann in der Regel allerdings auch deutlich teurer. Der Einfluss spiegelt sich eher im direkten Austausch mit den Gründern wieder. Diese sind offen für Feedback und wissen, dass unter unseren Investoren auch Leute mit viel Expertenwissen sind.
Sind das valide Punkte oder nur Hirngespinste eines Laien?
Tamo Zwinge: Wie gesagt, unsere Investoren haben meistens nicht die Übernahme von Kontrolle im Sinn. Denen geht es um Rendite und die Unterstützung guter Ideen. Dafür sind die Beträge etwas kleiner und eben für viel mehr Menschen realisierbar. Wer großes Business machen möchte, der wird sich vielleicht anderer Produkte bedienen und das ist völlig OK so.
Grundsätzliches Gemecker
Was unterscheidet eine VC-Finanzierung auf Companisto von einem Containerschifffonds? Beides mal ist es "dumb german money".
1. Keine Ahnung von Geschäftsmodell.
2. Zu wenig investiert um Einfluss nehmen zu können.
3. Zu weit stromab, um eine gute Rendite zu bekommen. Vorher nehmen sich schon alle anderen Ihren Teil.
Volle Beteiligung am Verlust, ausbaufähige Beteiligung am Gewinn. Vom Prinzip her ein asymmetrisches Modell, das den Investor benachteiligt.
Tamo Zwinge: Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich ;) Zunächst mal: Unsere Investoren sind nicht die ahnungslosen Kleinanleger, als die sie oft in den Medien porträtiert werden.
Eine Umfrage unter unseren Investoren hat ergeben, dass die allermeisten über langjährige Investmenterfahrung verfügen und auch über ein hohes Einkommen. Sie können die Geschäftsmodelle der Startups oftmals sehr genau einschätzen und fühlen den Gründern auch kritisch auf den Zahn, wie sie an den Diskussionen der laufenden Finanzierungsrunden erkennen können.
Zum zweiten Punkt: Beim Crowdinvesting wird über Nachrangdarlehen investiert, die nicht mit einem Mitbestimmungsrecht verbunden sind. Aber dafür sind die Investoren ganz nah am Gründerteam dran und können in direkten Austausch treten.
Ihre Stimme wird tatsächlich gehört, was zum Beispiel bei Aktien eines großen Konzerns eher nicht der Fall ist. Da darf ich zwar auf der Gesellschafterversammlung abstimmen, bin aber meilenweit von der Unternehmensführung entfernt.
Und zum dritten Punkt: Durch die Ausgestaltung unserer Verträge sorgen wir dafür, dass die Companisten im Erlösfall nicht schlechter gestellt sind als andere Investoren. Im Gegenteil: Es gibt eine Erlöspräferenz, die vorsieht, dass die Companisten vom Gewinn vor Steuern und Dividenden ausgezahlt werden, also noch vor den Gesellschaftern des Unternehmens.
Aus meiner Historie heraus: Als erster Angestellter von Yahoo! Deutschland kenne ich einige aus dieser Zeit, die heute als Angels unterwegs sind. Keiner von denen würde via Crowd investieren.
Kann VC überhaupt ins Internet übertragen werden? Ist es nicht als People-Business immun gegen die Plattformisierung?
Wenn ich mich mit Angels unterhalte heißt es immer: Die reine Idee ist nicht viel wert. Ich investiere in Menschen. Und zwar in solche, die nicht aufgeben. Dazu muss man die Menschen aber persönlich kennenlernen. Über das Web geht das nicht.
Tamo Zwinge: Als wir die Idee zu Crowdinvesting hatten, sagten uns viele Leute: "Das funktioniert niemals. Leute investieren nicht übers Internet in Startups."
Wir haben in den letzten fünf Jahren gezeigt, dass es doch funktioniert. Allein im letzten Jahr haben Investoren über unsere Plattform mehr als 10 Millionen € in Startups und Wachstumsunternehmen investiert. Wir sehen uns dabei nicht als Konkurrenz zu klassischen VCs, sondern als Ergänzung im Bereich Frühphasen-Finanzierung.
Es stimmt grundsätzlich, dass im Venture Capital das Gründerteam eine große Rolle bei der Investitionsentscheidung spielt.
Deswegen schauen wir uns das Team ja auch im Vorfeld so genau an. Wir sind auch davon überzeugt, dass man große Teile des VC-Geschäfts mittels Technologie über das Internet abbilden kann.
Zunächst stellen sich die Gründer ausführlich in einem Video vor, dazu kommen Details zu ihren Werdegängen. Zusätzlich führen wir auch Live-Videokonferenzen mit Gründern und Investoren durch, wo sich beiden Seiten nochmal besser kennenlernen können.
Angels und VCs bringen Kontakte mit und helfen ihrem Startup nicht nur mit Geld, sondern auch mit ersten Kundenkontakten und Publicity über den Bekanntenkreis hinaus. Hat Companisto nicht einen strategischen Nachteil, denn mehr als Geld können die Gründer nicht erwarten?
Tamo Zwinge: Die Gründer können mehr als nur Geld von uns erwarten. Zum einen betreuen wir die Startups auch nach der Finanzierung weiter und helfen Ihnen beim Investor Relations Management.
Dazu kommt unser Companisto Family Programm, dass unseren Portfoliounternehmen Zugang zu unseren strategischen Partnern wie etwa Amazon Launch Pad und pwc ermöglicht.
Und schließlich verfügen auch wir über ein großes Netzwerk von Business Angels und VCs, von dem Gründer profitieren können, wenn es beispielsweise darum geht, große Anschlussfinanzierungen zu ermöglichen.
Nach der Investition
Wie wird dafür gesorgt, dass der Anteil der Crowd bei kommenden Finanzierungsrunden nicht bis auf fast Null verwässert wird? Die Crowd trägt schließlich das größte Risiko, indem sie ein Startup von Null auf Etwas finanziert. Die anderen Investoren haben dann den Vorteil, dass es schon eine kleine Historie gibt.
Tamo Zwinge: Diese Fälle haben wir in unseren Investorenverträgen klar geregelt. Dort ist eine Down-Round-Protection enthalten, die die Companisten zumindest im Falle einer Kapitalerhöhung zu einem niedrigeren Unternehmenswert vor einer Verwässerung ihrer Anteile schützt.
Einen Verwässerungsschutz bei regulären Kapitalerhöhungen gibt es dagegen nicht, da in der Regel dabei ja auch der Unternehmenswert steigt. Dafür erhalten unsere Investoren eine Erlös-Präferenz, die dafür sorgt, dass sie mit als erste von Gewinnausschüttungen profitieren, nämlich vom Gewinn vor Steuern und Dividenden.
Unsere Investoren sind entsprechend durch diese Vereinbarungen hervorragend aufgestellt. Abweichungen davon bedürfen einer Mehrheitsentscheidung. So gewährleisten wir, dass Änderungen nur da möglich sind, wo es nötig ist. Es gibt zugleich aber keine Automatismen, mit denen sich unsere Investoren automatisch schlechter stellen lassen.
Wie wird dafür gesorgt, dass die Crowd nicht einfach rausgemobbt wird wenn ein renommierter VC einsteigen will? Die unselige Geschichte Protonet und Y-Combinator plus Draper Associates gibt da zu denken. Wie oben angemerkt verhindert die Kleinanlegerregelung ja, dass einzelne ein Investment mit einem wirklichen Gewicht eingehen.
Tamo Zwinge: Auch hier können wir nur wieder auf unsere Verträge verweisen. Die Startups können den Companisten vorzeitige Ablöseangebote für ihre Anteile unterbreiten, diese bedürfen jedoch wieder einer Mehrheitsentscheidung. Es ist also nicht so einfach möglich, die Companisten "rauszumobben".
Wir kennen diese Bestrebungen im Markt und das wird heute leider oft von M&A-Abteilungen in Konzernen auf die Spitze getrieben.
Wir leben davon, dass Vertrauen zwischen Unternehmen und Investoren besteht. Daher liegt es nicht in unserem Interesse, hier Entwicklungen zuzulassen, die dieses Vertrauen nachhaltig stören. Deshalb geht bei uns viel Aufmerksamkeit in die Verträge, die dieses Vertrauen von vorn herein mit entsprechenden Regelungen unterlegen.
Pleite
Wie hoch ist die Pleitequote aktuell?
Tamo Zwinge: Bei 26 Prozent der Startups ist ein Ausfall eingetreten oder unmittelbar drohend (Stand: 31.12.2017). Das entspricht rund 19 Prozent Kapitalausfallquote. Damit liegen wir noch unter dem Erwartungshorizont professioneller VCs.
Was bedeutet das in absoluten Zahlen?
Tamo Zwinge: Insgesamt mussten von 78 erfolgreich finanzierten Startups 20 Insolvenz oder Liquidation anmelden.
Wie wurden die Insolvenzen abgewickelt? Gab es da noch eine Quote für die Crowd? Wie ist die Rangfolge beim Insolvenzverwalter?
Tamo Zwinge: Bei den Beteiligungen auf Companisto handelt es sich um partiarische Darlehen. Diese Darlehen sind mit einem Rangrücktritt verbunden. Das bedeutet, dass die Darlehensgeber ihre Ansprüche im Fall einer Insolvenz hinter vorrangige Gläubiger zurückstellen müssen.
Daher ist für Crowdinvestoren schon bei der Insolvenzeröffnung erfahrungsgemäß nicht mehr mit einer Rückzahlung ihres Darlehens zu rechnen.
Kann ich meine Verluste steuerlich geltend machen oder ist das Privatvergnügen wie bei P2P?
Tamo Zwinge: Verluste aus dem Crowdinvesting können steuerlich geltend gemacht werden. Das höchste deutsche Steuergericht, der Bundesfinanzhof (BFH) in München, urteilte kürzlich, dass Verluste aus privaten Darlehen mit anderen Kapitalerträgen verrechnet werden können (VIII R 13/15).
Nach unserem Rechtsverständnis gilt diese Regelung auch für unsere Investoren. Sie können also Verluste aus dem Crowdinvesting mit anderen Kapitalerträgen verrechnen.
Wir haben dazu einen Artikel auf unserer Investoren-Akademie, der erklärt, welche Dokumente man für eine steuerliche Anrechnung benötigt.
Rendite
Pleiten gehören zum Leben eines Wagniskapitalgebers dazu. Deshalb erwarten Profis - in Abhängigkeit der Risikoeinschätzung - bei VC-Investments eine Rendite zwischen 25% und 100% IRR (Internal Rate of Return).
Die Amateure, die 2011 in "Stromberg - Der Film" investierten gingen mit einer Rendite von rund 4% p.a. nach Hause und waren glücklich. Der Laie fühlt sich schon fürstlich belohnt, wenn seine Rendite den Tagesgeldzinssatz schlägt.
Welche Renditen erzielen die Anleger wirklich? Was waren die bis jetzt besten Exits? Worauf beziehen sich die x% Ausschüttung? Auf das was übrig bleibt wenn alle bezahlt sind oder bin ich schon früher dran?
Tamo Zwinge: Die Verzinsung der Venture Loans und Impact Loans liegt bei 8 Prozent. Die Startup-Beteiligungen sind mit 1 Prozent verzinst, aber hier wird die Rendite ohnehin über Gewinn- und Exit-Beteiligung erzielt.
Erfolgreiche Exits auf Companisto waren Doxter, 5Cups and some sugar und Foodist. Neben den Zinszahlungen kam es dabei zu beachtlichen Aufschlägen zwischen 45 und 100 Prozent.
Wir bitten um Verständnis, dass wir keine vertraglichen Details nennen können, da dies in den Verhandlungen zwischen den Startups und den Käufern ausgeschlossen wurde.
Zukunftsplanung
VC ist wie eine kleine Ehe. Die Mindestbeteilungsdauer beträgt laut Companisto-FAQs acht Jahre. Wer heute einsteigt bindet sich bis 2026.
Companisto ist selbst noch ein Startup und wie bei jedem Startup sind zwei Dinge wichtig:
1. Das Produkt
Wie will Companisto das Modell Crowdinvesting in die Zukunft führen?
Tamo Zwinge: Wie andere Unternehmen auch, beobachten wir intensiv den Markt und arbeiten intensiv daran unser Geschäftsmodell zu erweitern. Es skaliert zum einen über die Menge der Unternehmen, die über unsere Plattform finanziert werden. Zum anderen sind die Investmentvolumen relevant. Daneben sind im Dienstleistungsbereich viele weitere Hebel vorhanden, die für uns umsatzrelevant werden können. Hier sind wir dabei erste Felder zu erschließen. Insgesamt haben wir eine positive Unternehmensentwicklung und können diese in den nächsten Jahren hoffentlich erfolgreich ausbauen.
2. Die Chefs
Aktuell halten die beiden Gründer 90% der Anteile. 2030 werden die beiden so zwischen 45 und 50 Jahre alt sein und Companisto ist dann volljährig. Wie sieht der Abnabelungsprozess aus? Ab wann ist Companisto auch ohne die Führungsspitze Rhotert & Zwinge überlebensfähig? Eine wichtige Frage, denn wenn ich mir ab heute über die nächsten 5 Jahre ein VC-Portfolio zusammenkaufe, bin ich bis 2031 gebunden. Wenn ich das Konzept Altersvorsorge ernst nehme, investiere ich von 2018 bis 2028, lasse es dann 10 Jahre liegen und baue dann wieder ab. Dann reden wir locker vom Jahr 2040.
Tamo Zwinge: Wir treiben seit einiger Zeit die Professionalisierung unseres Unternehmens voran. Das betrifft zum einen die Qualität der Mitarbeiter, aber auch Themen der Unternehmenskultur, des Marketings, des Marktscreenings und unserer Prozesse.
Bereits heute haben wir eine mittlere Managementebene installiert, die unser Unternehmen weiterentwickelt. Dadurch sind wir jetzt bereits relativ unabhängig von einzelnen Personen – auch, wenn natürlich jede einzelne einen großen Wert für das Unternehmen bedeutet. Companisto ist ein Herzensthema für uns, daher wollen wir das Unternehmen noch lange aktiv mitgestalten und am Wachstum arbeiten. Aus heutiger Sicht deutlich über das Jahr 2030 hinaus.
Und nun?
Jetzt sind Sie um 25.000 Zeichen schlauer. Wie geht’s jetzt weiter? Werden Sie im Hause Companisto Nachrang-Patriarch, gehen Sie als klassischer Angel in den Nahkampf oder bleiben sie als passive ETF-Lusche am Spielfeldrand sitzen?